Ex-Jugendanwalt Hansueli Gürber: «Brian-Film war mein grosser Bock»
Ex-Jugendanwalt Hansueli Gürber bereut die SRF-Berichterstattung über den damals noch als Fall «Carlos» bekannten Brian. Das sei sein «grosser Bock» gewesen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ex-Jugendanwalt Hansueli Gürber würde den Fall «Carlos» heute nicht mehr im TV zeigen.
- Der Dok-Film über den Jugendstraftäter Brian auf SRF sei sein grösster Fehler gewesen.
2013 thematisiert das SRF den Jugendlichen «Carlos», der vom Kanton Zürich in einem Sondersetting betreut wird. Monatlicher Kostenpunkt für unter anderem Betreuung und Thaibox-Stunden: 29'000 Franken.
So viel Geld für einen Straftäter, der beinahe eine Person umgebracht hätte – das Entsetzen in der Schweiz ist riesig! Das Sondersetting wird abgebrochen. «Carlos», der heute unter seinem echten Namen Brian genannt werden will, wird wieder kriminell. Und beschäftigt Justiz und Medien bis heute.
Nun spricht Hansueli Gürber, damals zuständiger Jugendanwalt für Brian, in der SRF-Reportage «Einmal Täter, immer Täter?» mit Mona Vetsch Klartext. Gürber war durch den Fall selbst zur Medien-Figur geworden.
«Erstens war es blöd, mit Brian diesen Film zu machen», sagt er nun rückblickend. «Einen solchen Fall würde ich im Nachhinein nie mehr öffentlich zeigen. Das war mein grosser Bock.»
Zweitens sei es «verrückt» gewesen, dass sein damaliger Vorgesetzter behauptet habe, den Fall nicht zu kennen. «Das stimmt nicht», so Gürber. «Es war innerhalb der Jugendanwaltschaft der wahrscheinlich bekannteste Fall. Wir haben diesen alle zwei Monate an der Intensivtäter-Sitzung angeschaut.»
Fall «Carlos» hätte mit Sondersetting abgeschlossen werden können
«Natürlich sind die Kosten verrückt, das verstehe ich», sagt Gürber, der mittlerweile pensioniert ist, rückblickend. Letztendlich müsse die Gesellschaft entscheiden, ob man bereit sei, Betreuungskosten zu tragen. Oder solche Personen lieber ins Gefängnis stecke.
Aber Gürber hält an seinem Ansatz fest: «Verglichen mit dem, was der Fall ‹Carlos› bis heute gekostet hat, sind 29'000 ja fast schon ein Trinkgeld.»
Er ist heute noch davon überzeugt, dass man den Fall «Carlos» mit dem damaligen Sondersetting hätte abschliessen können.