Fünf Schweizer Denkmäler im Visier der Rassismus-Debatte

Felix Müller
Felix Müller

Neuchâtel,

In den USA zittern Statuen mit heikler Vorgeschichte vor den Protesten auf ihrem Sockel. Auch in der Schweiz gibt es Denkmäler mit umstrittenem Hintergrund.

GEGEN RASSISMUS, BLM,
Mehrere tausend Personen nehmen an einer Demonstration zu Black Lives Matter teil in Basel. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • In den USA fallen immer mehr Denkmäler den Demonstrationen zum Opfer.
  • In Grossbritannien begann die Regierung damit, Denkmäler zum Schutz einzumauern.
  • Auch in der Schweiz gibt es Denkmäler mit zweifelhaftem Hintergrund.

Den Demonstrationen gegen Polizeigewalt in den USA fallen immer mehr Statuen und Denkmäler mit mehr oder weniger rassistischem Hintergrund zum Opfer.

Churchill demonstration
In London wurden verschiedene Statuen eingepackt, um sie vor Vandalen zu schützen, wie hier die von Winston Churchill. - Keystone

In Grossbritannien hat die Regierung aus Angst vor ähnlichen Attacken darum angefangen, Statuen wie die von Winston Churchill mit Schutzwänden einzumauern.

Churchill Black lives matter
Die Statue von Winston Churchill, Symbol des britischen Widerstandes gegen die Nazis, geriet ins Visier der Demonstranten. - Keystone

Nachdem auch die Statue von General Sutter in Sacramento, Kalifornien Opfer eines Farbanschlags wurde, verhüllte die Juso dessen Gedenktafel in seinem Heimatort Rünenberg BL mit einem «blutigen» Tuch. In der Schweiz stehen aber noch viel mehr Denkmäler mit zweifelhaftem Hintergrund.

1. David de Pury in Neuenburg

Der Bankier David de Pury gilt als einer der grössten Wohltäter der Stadt Neuenburg. De Pury operierte mehrheitlich am portugiesischen Hof und hinterliess Neuenburg nach seinem Tod 1786 ein gewaltiges Vermögen.

De pury
Das Denkmal von Davide de Pury in Neuenburg. - Nau.ch

In Lissabon soll er aber gute Geschäfte mit dem Handel von Sklaven nach Brasilien und Amerika gemacht haben, wo sein Vater die Kolonie «Purrysburg» im heutigen South Carolina gegründet hatte.

Bereits letzte Woche forderte eine Petition die Entfernung und Umbenennung der Statue und des gleichnamigen Platzes im Neuenburger Zentrum. Die Bevölkerung steht allerdings mehrheitlich hinter dem Denkmal.

2. Alfred Escher in Zürich

Mitten auf dem Bahnhofsplatz in Zürich steht seit 1889 die prominente Statue von Nationalheld Alfred Escher. Er gilt als Vater der SBB, der ETH Zürich, der Credit Suisse sowie von Swiss Life.

Escher Zürich
Alfred Escher begrüsst Zugreisende vor dem Bahnhof Zürich. - Keystone

Alfred Eschers Familienvermögen basiert aber teilweise auf dem Ertrag aus Kaffee-Plantagen auf Kuba. Auf diesen waren nachweislich zahlreiche Sklaven beschäftigt.

3. Louis Agassiz in Neuenburg, Lausanne und den Alpen

Gleich mehrfach verewigt ist der Schweizer Naturforscher Louis Agassiz, allerdings steht seine einzige Statue an der Stanford-University in Kalifornien.

Agassiz
Die Statue von Louis Agassiz fiel schon einmal von ihrem Sockel. Beim Erdbeben von 1906 erwies er sich aber als echter Sturkopf: Zu Schaden kam ab dem Stutz nur der Boden, die Statue blieb unversehrt. - Pixabay

Der Freiburger gilt als einer der Vordenker der Nazi-Rassenhygiene. Die Stadt Freiburg hat darum bereits letztes Jahr einen ursprünglich nach ihm benannten Platz in «Espace de Tilo Frey» umbenannt. Auch in Lausanne soll an der «Avenue Agassiz» eine kritische Informationstafel angebracht werden.

Agassizhorn
Die schweizerisch-haitianische Künstlerin Sasha Huber auf dem Agassizhorn. Eine Petition, den Berg nach Agassiz' kongolesischen Sklaven Renty zu benennen, scheiterte 2007 am Bundesrat. - Keystone

Nicht zur Diskussion steht die Umbenennung des «Agassizhorns» auf der Grenze zwischen den Kantonen Bern und Wallis. Der Bundesrat hatte einen entsprechenden Vorschlag 2007 abgewiesen.

4. Paul Sarasin im Nationalpark

Wanderer begegnen beim Aufstieg in den Schweizer Nationalpark einer Gedenktafel des Mitbegründers Paul Sarasin. Der Basler sowie sein Vetter Fritz Sarasin sind heute angesehene Naturforscher.

Sarasin Nationalpark
Im Cluozzatal, dem ältesten Teil des Schweizer Nationalparks, wurde Park-Gründer Paul Sarasin verewigt. - Keystone

Die beiden Pioniere profitierten jedoch in Südostasien stark von der Kolonialpolitik europäischer Grossmächte, wie das «SRF» den Historiker Bernhard Schär zitiert. Eines ihrer Forschungsgebiete war ausserdem, wie und warum der weisse Mensch allen anderen überlegen sei.

5. Familie Merian & Christophe Bourcard in Basel

Christophe Bourcard war Sklavenhändler und der Sohn von Christophe Burckhardt-Merian. Er soll zwischen 1783 und 1792 rund 7400 afrikanische Sklaven vom französischen Hafen in Nantes aus in die Karibik verschifft haben.

Bourcard selbst hatte kein glückliches Händchen für Geschäfte und finanzierte seine Firma «Bourcard Fils & Cie.» mehrheitlich mit dem Geld der Merian-Familie. Die Brüder Jean-Jacques und Christoph Merian investierten in rund 21 Sklavenhandelsexpeditionen.

Christoph Merian
Der kinderlose Christoph Merian vermachte nach seinem Tod das Vermögen von sich und seinem gleichnamigen Vater seiner «lieben Vaterstadt». Die gegründete Stiftung hat in Basel bis heute einen sehr hohen Stellenwert. - Sommercasino

Der Merian-Familie verdankt die Stadt Basel viel. Die Namen ihrer Vertreter sind in der Rheinstadt darum an zahlreichen Orten zu finden. Die «CMS» (Christoph Merian Stiftung) engagiert sich in den Bereichen Natur, Soziales und Kultur mit oft grossen Beträgen und wies 2019 eine Bilanzsumme von rund 1,5 Milliarden Franken aus.

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