Franken

Für 300 Franken: Beiz zu – Betrüger verkaufen trotzdem Reservationen

Rosa Schmitz
Rosa Schmitz

Region Visp,

Eine US-amerikanische Onlineplattform bietet Reservierungen für Restaurants zum Versteigern an – auch für die Kronenhalle und das Stucki.

Chez Vrony Reservierungen Betrug
Das Restaurant Chez Vrony ist derzeit in der Zwischensaison. Trotzdem werden auf der Plattform Appointment Trader Tischreservierungen hierfür verkauft. - Screenshot Instagram/@chez_vrony

Das Wichtigste in Kürze

  • Über die Website Appointment Trader aus den USA werden Reservierungen verkauft.
  • Die Angebote stammen von Privatpersonen.
  • Auch Schweizer Restaurants sind auf der Plattform zu finden.
  • Tische hierfür werden um Hunderte von Franken versteigert – teils aber ohne zu existieren.

Es ist Betrug. Die amerikanische Website Appointment Trader – gegründet zum Versteigern von Reservierungen – ist voller gefälschter Angebote. Auch für Tische in Schweizer Restaurants. In beliebten Betrieben, die keine Vorreservierung erfordern oder gar nicht geöffnet haben, werden Buchungen für Hunderte Franken verkauft.

Zum Beispiel im Chez Vrony in Zermatt. Max Cotting-Julen, Mitbesitzer des Restaurants auf 2000 Höhenmeter, ist «völlig perplex». «Ich habe heute Morgen zum ersten Mal von dieser Website gehört», sagt er auf Anfrage von Nau.ch. «Und prompt festgestellt, dass darauf tatsächlich Tische für unser Restaurant verkauft werden, für bis zu 300 Franken.»

Dabei könnte man im Sommer normalerweise einfach vorbeikommen und eine Weile auf einen Tisch warten. «Es gibt natürlich Zeiten, da sind wir komplett ausgebucht und haben keinen Spielraum für spontane Gäste. Zum Beispiel zur Weihnachts- und Neujahrszeit», sagt Cotting-Julen. «Aber selbst dann würde ich nie so viel Geld für eine Reservierung bezahlen.»

Reservierungen trotz Ferienzeit

Das Absurdeste ist, dass das Chez Vrony derzeit zuhat. «Wir haben seit dem 21. April nicht geöffnet und werden auch erst wieder am 15. Juni unsere Türen öffnen», sagt Cotting-Julen.

Dennoch könnten Interessierte beim Restaurant laut Appointment Trader beispielsweise eine Reservierung für morgen erwerben. «Völliger Schwachsinn», so Cotting-Julen dazu.

Der Restaurantbetreiber war noch nie zuvor mit einer solchen Situation konfrontiert. «Ich habe noch nie von einem gehört, der diese Website oder einen ähnlichen Service genutzt hat», sagt er.

Es komme auch sehr selten vor, dass eine Reservierung auf einen anderen Namen übertragen wird. «Vielleicht ein- oder zweimal pro Saison, wenn jemand nicht erscheinen kann und einem Freund oder Familienmitglied den Platz geben möchte», sagt Cotting-Julen.

Er überlege nun ernsthaft, auf der Restaurant-Website eine Warnung anzubringen: «Bitte Reservierungen nicht über Drittanbieter buchen.» Schliesslich kämen zwei Drittel der Anfragen online rein.

Idee für Website aus der Not entstanden

Eigentlich stammt die Idee für Appointment Trader vom US-Amerikaner Jonas Frey – und ist aus der Not entstanden. Ihm gelang es in seiner Heimatstadt Miami nie, einen Platz in den angesagtesten Spots zu bekommen. Also kreierte er einen Algorithmus, der auf Handydaten zurückgreift, um so die beliebtesten Restaurants zu erkennen. Der Preis für Reservierungen wird je nach Nachfrage bestimmt.

Hast du schon mal von der US-Website Appointment Trader gehört?

Im Grunde dient die Plattform also als virtueller Marktplatz. Das heisst: Wer eine Reservierung für ein Restaurant hat, diese aber nicht wahrnehmen kann oder möchte, kann diese auf der Plattform verkaufen. Sie geht dann an den Meistbietenden. Alle Beteiligten sind Privatpersonen.

Das Konzept erfreut sich in den USA grosser Beliebtheit. Vor einem Jahr hatte Appointment Trader bereits 2,4 Millionen Dollar (2,2 Millionen Franken) durch den Verkauf eingenommen, berichtete damals die «New York Times».

Doch die Website wird – wie die Reservierungsangebote in der Schweiz zeigen – missbraucht. Und Nutzer über den nicht existierenden Tisch gezogen.

Restaurants sind ahnungslos

Die meisten Restaurants hierzulande scheinen sich ihrer Präsenz auf Appointment Trader nicht einmal bewusst zu sein.

So auch die Kronenhalle in Zürich – bis Nau.ch anfragte. Direktor Dominique Nicolas Godard sagt: «Wir haben noch keine Kenntnis von dieser Plattform und Buchungsmöglichkeit, werden uns jedoch informieren und recherchieren.»

Trotz des guten Rufs der Kronenhalle sei die Schlange vor der Tür nie lang genug, um eine Reservierung für 100 bis 250 Franken zu rechtfertigen. Die meisten Kunden würden spontan ins Restaurant schlendern.

Hast du schon mal in der Kronenhalle in Zürich gegessen?

Ein weiteres hoch bewertetes Restaurant, das auf Appointment Trader vertreten ist, ist das Stucki in Basel. Betriebsassistentin Hilal Büyükiskilip stört diese Tatsache allerdings nicht. Sie ist nicht der Meinung, dass die Plattform überhaupt von Gästen des Restaurants genutzt werde.

«Wenn, ist es jedem selber überlassen, ob man für einen Tisch bieten möchte oder nicht», sagt Büyükiskilip. In dem mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichneten Stucki sei jeder willkommen. «Ob sie für den Tisch viel geboten, lange im Voraus gebucht oder ganz spontan einen Anruf erhalten haben, dass kurzfristig ein Tisch frei wurde», so Büyükiskilip weiter.

Kommentare

User #5145 (nicht angemeldet)

Gauner gibt es in diesem Land auf beiden Seiten . Auch immer mehr : (

User #2425 (nicht angemeldet)

Genau. Ich bezahle dafür, in einem Restaurant essen zu dürfen, wo ich dann nochmals für die Konsumation bezahle. Hirnverbrannt sowas. Dann koche ich lieber daheim

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