Gericht in Nyon spricht Mutter frei nach Erstickungstod ihres Babys
Eine Mutter, die über ihrem Baby eingeschlafen war und dieses erstickt hatte, ist vom Bezirksgericht in Nyon VD freigesprochen worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Die 39-jährige Engländerin leidet an einer Persönlichkeitsstörung mit Borderline-Zügen.
Eine Mutter, die über ihrem Baby eingeschlafen war und dieses erstickt hatte, ist vom Bezirksgericht in Nyon VD freigesprochen worden. Die Richter waren der Ansicht, dass die Frau, die sich vor dem Unglück stark betrunken hatte, aufgrund ihrer Unzurechnungsfähigkeit nicht für ihre Tat zur Verantwortung gezogen werden könne.
Diese äussert sich unter anderem in einem übermässigen Alkoholkonsum. Angesichts ihrer Krankheit sei es ihr nicht möglich gewesen, dem Alkohol zu widerstehen, stellte Gerichtspräsidentin Patricia Cornaz in dem am Dienstag veröffentlichten Urteil fest.
«Ihre inneren Konflikte wurden so unerträglich, dass sie entladen werden mussten», insbesondere durch «Rauschtrinken, fügte sie angesichts der Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen hinzu. »Sie war sich nicht einmal mehr bewusst, dass sie ihre Kinder in Gefahr brachte«, fuhr die Richterin fort.
Aus rechtlicher Sicht seien zwar die Voraussetzungen für eine fahrlässige Tötung gegeben, dennoch müsse die Angeklagte aufgrund ihrer Unzurechnungsfähigkeit von diesem Vorwurf freigesprochen werden, schlussfolgerte das Gericht.
Das Drama hatte sich an einem Morgen im Juli 2020 in einer Wohnung in Prangins ereignet. Bereits zwei Jahre früher war ein Baby dieser Frau unter ähnlichen Umständen gestorben. Damals wurde das Strafverfahren eingestellt, weil die Todesursache nicht eindeutig geklärt werden konnte.
Die Richter ordneten an, dass die Mutter ihre ambulante psychiatrische, suchttherapeutische und psychotherapeutische Behandlung fortsetzen muss. Die Behandlung müsse so lange wie nötig fortgesetzt werden, um das Risiko eines Rückfalls zu minimieren.
Bei ihrer Anhörung letzte Woche hatte die Angeklagte die Vorzüge dieser Behandlung gelobt und insbesondere erklärt, dass sie seit Oktober 2020 keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken habe.
«Ich habe verstanden und akzeptiert, dass ich keine Kontrolle über den Alkohol habe», sagte sie den Richtern. Auch habe sie verstanden, an welcher Art von psychischer Störung sie leide und welche Bedeutung die Therapie habe.
Sowohl der Anwalt der Angeklagten als auch der Staatsanwalt äusserten sich «zufrieden» über das Urteil. Beide waren wie das Gericht ebenfalls zu dem Schluss gekommen, dass die Angeklagte für ihre Taten für unzurechnungsfähig erklärt werden sollte.
«Sie ist zwar strafrechtlich freigesprochen, aber sie wird mit zwei Todesfällen auf dem Gewissen leben müssen», sagte der Staatsanwalt Jean-Marie Ruede. Wie schon in seinem Schlussplädoyer betonte er «das Schlamassel» in diesem Fall und bedauerte, dass die Frau nach dem ersten Drama im Jahr 2018 nicht besser betreut worden sei. Der Staatsanwalt begrüsste auch, dass die Frau im Gegensatz zum Antrag der Verteidigung ihre therapeutische Behandlung weiterführen muss.