Gericht reduziert Strafe für Rassist – wegen Überlastung
Ein Rassist erhält eine reduzierte Strafe, weil das Gericht überlastet ist. Den Knast-Rabatt gab es, weil das Beschleunigungsgebot verletzt wurde.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Basler Rassist kassiert 12 anstatt 14 Monaten.
- Die Reduktion erhielt er, weil er zu lange auf das Urteil warten musste.
- Viele Gerichte kämpfen mit hoher Arbeitslast und Personalmangel.
Viele Schweizer Gerichte sind überlastet. Davon profitieren ausgerechnet Kriminelle, wie der Fall eines ehemaligen Chefs der Partei National Orientierte Schweizer (Pnos) zeigt. Darüber berichtet «SRF».
Der Mann stand wegen Rassendiskriminierung vor dem Strafgericht Baselland und erhielt 12 Monate Haft. Die Richterin sagte im Urteil aber, er hätte eigentlich 14 Monate kassieren müssen. Wegen der langen Wartezeit seien aber zwei Monate abgezogen worden, das Beschleunigungsgebot sei verletzt worden.
Der «Gefängnis-Rabatt», also eine mildere Strafe wegen der Überlastung der Gerichte, ist kein Einzelfall. Andreas Schröder, Präsident des Baselbieter Straf-, Massnahmen- und Jugendgerichts, spricht von sechs Fällen in den letzten fünf Jahren. Man habe davon ausgehen müssen, dass das Beschleunigungsgebot verletzt worden sei. Und das führe immer zu einer Strafreduktion.
Er betont aber, dass die Gerichte taktisch vorgingen: Gewisse Fälle, beispielsweise häusliche Gewalt, Sexualdelikte und bei Personen in U-Haft, würden priorisiert. Auch die Verjährung werde beachtet. Beim Pnos-Chef aber waren einige der Straftaten bei Prozessbeginn bereits verjährt.
Zürich lockt mit Teilzeit und Homeoffice
Neben dem Personalmangel trägt auch die zunehmende Komplexität der Fälle zur Überlastung bei. Früher habe er an einem halben Tag teils zwei bis drei Fälle behandeln können, sagt Schröder. «Mittlerweile ist das praktisch unmöglich.»
Er verdeutlicht es mit der Anzahl Bundesordner an Akten, die die Richter lesen müssen, um sich auf einen Gerichtsfall vorzubereiten: 2021 waren es noch 800, im vergangenen Jahr bereits 1400.
Viele Gerichte haben deshalb neue Stellen geschaffen, kämpfen aber auch mit Nachwuchsproblemen. Das Zürcher Obergericht hat deshalb begonnen, auch Teilzeitstellen und Homoffice anzubieten.