Gewalt durch Polizei an Demo–sind Frauen aggressiver?
An der Demo zum internationalen Frauentag in Zürich stach die Polizei mit Schlagstöcken in die Menge. SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser kritisiert die Gewalt.
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Das Wichtigste in Kürze
- Die Polizei sei an der Frauendemo zu hart vorgegangen, sagt Aktivistin Anna Rosenwasser.
- Die Stadtpolizei Zürich spricht von einer Ausnahme.
- Dass Frauen-Demos eskalieren, ist ein neueres Phänomen.
Brutale Szenen spielten sich in der Zürcher Innenstadt ab. Mit Schlagstöcken stachen Polizisten der Stadtpolizei Zürich an der Demonstration zum internationalen Frauentag in die Menge. Auch setzten sie Pfefferspray ein. Zuvor war es zu Sachbeschädigungen von Demonstrierenden gekommen.
Die SP-Nationalrätin und feministische Aktivistin Anna Rosenwasser kritisiert das Vorgehen der Polizei vom Samstag scharf.
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«Steht in keinem Verhältnis»
Unter den Demonstrantinnen seien Kinder und Seniorinnen gewesen, sagt sie zu Nau.ch. «Das Vorgehen der Polizei gegen die Demonstrierenden steht in keinem Verhältnis zu den Sachbeschädigungen», kritisiert Rosenwasser.
Die Aufgabe der Polizei wäre, Menschen zu schützen, die gegen Ungerechtigkeit auf die Strasse gegangen seien, sagt sie. «Stattdessen schlug sie mit Schlagstöcken auf sie ein.»
Die Demo zum internationalen Frauentag am 8. März sei traditionell unbewilligt, sagt Rosenwasser. «Weil man für feministische Rechte nicht um Erlaubnis betteln muss.»
Doch Frauen und Queers, die sich gegen Ungerechtigkeit wehrten, bedrohten die herrschende Ordnung, sagt Rosenwasser. Deshalb greife die Polizei schnell zu harten Massnahmen.
Neben Rosenwasser haben auch Stimmen aus linken Kreisen der Zürcher Politik die Gewalt der Polizei angeprangert.
Kleine Gruppe sei bereit zu Gewalt gewesen
Die Stadtpolizei Zürich begründet ihren Einsatz mit einer kleinen, gewaltbereiten Gruppe, die vermummt gewesen sei. Diese habe wiederholt Sachbeschädigungen begangen.
An der Tödistrasse wurden laut Judith Hödl, Mediensprecherin der Stadtpolizei, Farbanschläge verübt. Eine Gruppe von Polizistinnen und Polizisten habe versucht, die Personen zu stoppen, um weitere Beschädigungen zu verhindern.
«Als die Einsatzkräfte durch die Demonstrantinnen und Demonstranten bedrängt wurden, kam es zum beschriebenen Mitteleinsatz», so Hödl.
«Solche Bilder sieht man bei uns selten»
Hödl kündigt an, dass der gesamte Einsatz wie immer intern nachbereitet werde. Dabei werde auch die Verhältnismässigkeit des Einsatzes, beziehungsweise der eingesetzten Mittel beurteilt.
Die Polizei wird die im Netz verbreiteten Bilder laut Hödl in die Nachbereitung miteinbeziehen. «Solche Bilder sieht man bei uns selten.»
Distanzmittel wie etwa Gummischrot konnte die Polizei nicht einsetzen, wie Hödl anmerkt. Grund dafür seien die engen Platzverhältnisse an der Tödistrasse gewesen. «Deshalb wurde auf ein anderes Einsatzmittel, den Mehrzweckstock, zurückgegriffen.»
Gewaltbereitschaft von Frauen sei niedriger
Dass Frauen-Demos eskalieren, ist ein neueres Phänomen. Laut Gewalt-Experte Dirk Baier deutet dies aber nicht daraufhin, dass Frauen aggressiver geworden sind.
«Gerade für Frauen gilt, dass ihre Gewaltbereitschaft niedriger liegt als die von Männern», sagt Baier. Dies dürfte auch für Demonstrationsteilnehmende gelten.
Wichtiger scheinen Baier daher situative Umstände. Demonstrationen seien Gruppenkontexte. «In der Gegenwart der Gruppe verhält man sich teilweise völlig anders, als man das allein tun würde. »
Gruppendynamiken könnten männliche wie weibliche Demonstrierende dazu bringen, gewalttätig zu sein, so Baier.
Die Polizei hält fest, dass sich der grösste Teil der Personen an der unbewilligten Demonstration friedlich verhielt. Aus diesem Grund habe die Stadtpolizei einen Umzug toleriert.