Gewalt

Gewalt-Warnzeichen: Diesen Partner solltest du verlassen

Rowena Goebel
Rowena Goebel

Zürich,

Eine Netflix-Doku rollt den Fall Gabby Petito neu auf. Ihr Verlobter zeigte klassische Warnzeichen, ehe er zuschlug. Das sind die wichtigsten.

Gabby Petito
Gabby Petito wurde von ihrem Verlobten getötet. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine neue Netflix-Doku rollt den Mord an der US-Amerikanerin Gabby Petito auf.
  • Schon vor dem Tötungsdelikt zeigte der Täter – ihr Partner – klassische Warnsignale.
  • Ein wichtiges Alarmzeichen: Wenn ein Partner vom restlichen Umfeld isoliert wird.

2021 verschwindet US-Youtuberin Gabby Petito (22) während einem Roadtrip mit ihrem Verlobten Brian Laundrie (23).

Es beginnt eine intensive Suche – wochenlang sorgt der Fall für Schlagzeilen. Schliesslich wird die Leiche der Bloggerin in der Wildnis entdeckt.

Ihr Verlobter, der zwischenzeitlich bei seinen Eltern aufgekreuzt ist und nicht mit der Polizei redete, gilt nun selbst als vermisst.

Auch seine Leiche wird später gefunden – er hat sich das Leben genommen. In einem Schreiben gibt er zu, Gabby Petito getötet zu haben.

«Lass mich sie isolieren»

Eine Netflix-Doku, die vor wenigen Tagen erschienen ist, rollt den Fall neu auf. Besonders eine Freundin von Petito, Rose Davis, betont darin, welche Warnzeichen sie bei Laundrie erkannte.

Ein Beispiel: Damit Petito nicht mit Davis in den Ausgang konnte, stahl ihr Verlobter ihr die ID. Schon früh hatte die Kollegin zudem das Gefühl, Laundrie versuche, Petito zu isolieren.

Hast du Erfahrung mit toxischen Beziehungen?

Heute sagt sie: «Je mehr sie und ich zusammen waren, uns unterhielten und eine gute Zeit hatten, desto unabhängiger fühlte sie sich.»

«Und da dachte er: ‹Okay, ich muss etwas tun, um das zu ändern. Lass mich sie isolieren. Wenn ich sie von ihrem Job und ihren Freunden wegbringe, hat sie nur noch mich.›»

Rose Davis
Rose Davis (links), die Freundin von Gabby Petito (rechts), erzählt in der neuen Doku von den Warnzeichen, die Laundrie zeigte. - Instagram/@rosed.00

Dann seien sie plötzlich verschwunden.

Isolation ist ein klassisches Warnzeichen bei Personen, die zu Täterinnen oder Tätern häuslicher Gewalt werden.

Doch welche Alarmsignale bei einem Partner sind so ernst zu nehmen, dass man die Person verlassen sollte? Ein Gewaltberater und ein Kriminologe klären auf.

Angst ist wichtige Warnung

François Burri berät in der Beratungsstelle Agredis in Luzern Frauen und Männer, die häusliche Gewalt ausüben.

Er stellt klar: «Wenn Sie Angst vor Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin haben und um Ihre Sicherheit fürchten, ist das das wichtigste Warnsignal.»

Gabby
Gabby Petito völlig aufgelöst in einer Polizeikontrolle. Ein Gewalt-Experte ist überzeugt: Die junge Frau hatte Angst vor ihrem Partner. - National Park Service

Angst sei ein essenzielles Gefühl, das schütze. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gabby Petito sich nicht um ihre Sicherheit gesorgt hat, bevor die Tat geschah.»

Kriminologe Dirk Baier ergänzt: «Untrügliche Warnsignale sind, wenn der Partner Gewalt anwendet oder aggressiv auf ein Beziehungsende reagiert.»

Auch intensives Kontrollverhalten bis hin zu Stalking sollte man ernst nehmen.

Achtung, wenn er zu schnell den Antrag macht

Doch erste Hinweise, dass eine Person gefährlich werden könnte, zeigen sich oft deutlich früher.

Was laut Baier schon zu Beginn die Alarmglocken zum Schrillen bringen sollte: «Wenn der Partner sehr schnell seine Liebe gesteht und die andere Person dazu drängt, zu heiraten.»

Die Problemlage verdichte sich noch, «wenn das verbunden ist mit einer Strategie der Isolierung vom Umfeld».

Hattest du schon einmal einen Partner, der sehr schnell heiraten wollte?

Das war bei Laundrie und Petito der Fall. Die Mutter des Opfers erinnert sich heute daran, zu ihrer Tochter gesagt zu haben: «Das geht ein wenig schnell, bist du sicher?»

Gabby Petito zog schon nach neun Monaten von New York nach Florida für ihren neuen Freund. Nach einem Jahr machte er ihr den Antrag.

Täter reden Partnern Mitschuld ein

So einfach ist eine Trennung trotz aller Warnsignale für viele Betroffenen nicht.

Ein Problem laut Baier: «Es bestehen meist positive Gefühle.»

Petito
Brian Laundrie hat bereits vor dem Tötungsdelikt Gewalt angewendet. Das wurde auch von einem Mann beobachtet, der die Polizei rief. - Parker & McConkie

Zudem seien die Tatpersonen meist gut darin, den Partner zu manipulieren. «Sie entschuldigen sich beispielsweise oder versprechen hochheilig, sich zu bessern.»

Zum Teil würden sie dem Partner auch einreden, selbst eine Mitschuld zu tragen.

Auch das zeigte sich im Fall Petito: Laundrie ist schon vor dem Tötungsdelikt seiner Partnerin gegenüber gewalttätig. Ein Mann beobachtet, wie er Petito ohrfeigt und ruft die Polizei.

Gabby Petito duane chapman
Gabby Petito spricht mit einem Polizisten, nachdem dieser den Van, in dem sie mit ihrem Freund Brian Laundrie einen emotionalen Streit hatte, anhielt. (Archivbild). - dpa

Die hält die beiden an. Polizei-Aufnahmen zeigen, dass sowohl Laundrie als auch Petito den Beamten einreden, Petito sei der Aggressor gewesen.

Die Polizei glaubt ihnen – und schickt Laundrie in ein Hotel für Opfer häuslicher Gewalt.

«Unreflektierte Geschlechterrollen»

Dass in Wirklichkeit Brian Laundrie der gefährliche Partner war, ist kein Zufall. Etwa drei Viertel der Beschuldigten häuslicher Gewalt sind Männer, etwa drei Viertel der Opfer sind Frauen.

Geschlechterrollen haben dabei einen wichtigen Einfluss.

Gewaltberater François Burri erklärt: «Viele Tatpersonen haben starre, unreflektierte Geschlechtervorstellungen. Sie halten an bestimmten Normen fest, beispielsweise an toxischer Männlichkeit.»

Wie gut kannst du mit negativen Gefühlen umgehen?

Das kann Gewalt fördern. «Unangenehme Gefühle wie Angst, Trauer oder Scham werden oft verdrängt oder überspielt – häufig durch Wut.»

Burri nennt ein Beispiel: «Wenn die Partnerin eine Trennung ankündigt und das Gegenüber daraufhin das Schlafzimmer zerstört, scheint Wut die treibende Kraft zu sein.»

In Wirklichkeit stecke aber oft Angst oder Trauer dahinter.

Ein zentraler Punkt laut Burri: Reagiert jemand so aggressiv, kappt er die Verbindung zu sich selbst und seinem Partner. «Sobald diese Verbindung abreisst, wächst die Gefahr, Gewalt auszuüben.»

Anders, wenn man der Partnerin sage: «Ich liebe dich noch und bin traurig, dass du dich trennen willst.» Dann entstehe eine Verbindung.

Der Berater warnt: «Viele Menschen verdrängen Krisen und schieben sie beiseite – sowohl Täter, Täterinnen als auch Opfer. Das muss nicht, kann aber gesundheitlich oder zwischenmenschlich ‹gefährlich› werden.»

***

Brauchst du Hilfe?

Bist du Opfer von Gewalt geworden? Die Opferhilfe hilft dir dabei, die Erfahrung zu bewältigen und informiert dich über deine Rechte und weitere Schritte: www.opferhilfe-schweiz.ch.

Fürchtest du selbst, in der Partnerschaft gewalttätig zu werden oder arbeitest mit einer gewalttätigen Person zusammen? Die Gewalt-Beratungsstelle Agredis hilft dir weiter: www.agredis.ch

Kommentare

User #2027 (nicht angemeldet)

Während ihres Trips, wurden genau auf der Route die sie gefahren sind, Leichen von Frauen entdeckt. Vielleicht war's ja das Monster und sie hat es herausgefunden.

User #5642 (nicht angemeldet)

Menschen spüren und fühlen ihr Gegenüber nicht mehr. Das kann gefährlich sein.

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