Hells Angels und Co: So gefährlich sind die Biker-Banden wirklich
Das Wichtigste in Kürze
- Am Montag und Dienstag reisten hunderte Rocker nach Bern.
- Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Gruppen.
- Gefährlich sind die Rocker in erster Linie für sich selbst, erklärt ein Experte.
Am Montag begann in Bern der Prozess gegen 22 Rocker der Hells Angels, Broncos und Bandidos. An den ersten beiden Tagen kam es jeweils zu heftigen Auseinandersetzungen – die verfeindeten Gruppen gingen aufeinander los. Die Polizei musste mit Reizgas und Gummischrot dazwischengehen.
Mit diesen Eskalations-Szenen rücken die Schweizer Rocker in den Fokus der Öffentlichkeit. Und viele stellen sich nun die Frage: Wie gefährlich sind die Biker-Banden eigentlich?
Kriminologe Dirk Baier von der ZHAW beruhigt gegenüber Nau.ch: «Die Gefahr, dass man als normaler Bürger Gewalt durch Rocker erfährt, ist sehr gering.»
Aber: «Die Gefahr, dass sich Rocker untereinander Gewalt antun, ist hingegen deutlich höher», so Baier. «Insbesondere dann, wenn neue Rockergruppierungen auf den Plan treten und mit etablierten Gruppierungen rivalisieren.»
Deshalb seien sie in erster Linie für sich selbst gefährlich. Die Identifikation mit der eigenen Gruppe sei nämlich hoch – und somit auch die Bereitschaft, verfeindete Gruppierungen zu bekämpfen.
«Rocker meinen, Gesetze selbst machen zu können»
Verharmlosen will Baier die Rocker aber nicht – er betont: «Wir dürfen nicht vernachlässigen, dass Rockergruppierungen für die Polizistinnen und Polizisten gefährlich sind, die in diesem Milieu ermitteln müssen. Oder wie jetzt in Bern, Recht und Ordnung im öffentlichen Raum durchsetzen müssen», erklärt er.
Auch für die Gesellschaft als Ganzes würden sie eine Gefahr darstellen. Denn: «Rocker stellen das staatliche Gewaltmonopol in Frage. Sie meinen, die Gesetze selbst machen zu können.» Deshalb würden sie sich auch als Outlaws begreifen.
«Solche Subkulturen darf der Staat nicht tolerieren», stellt Baier klar. «Insbesondere auch, weil sie mit verschiedenen Formen der Kriminalität wie Drogen- und Menschenhandel einhergehen.»
International zeige sich «immer wieder»: Rocker sind im Bereich der Drogenkriminalität, des Waffenhandels und des Menschenhandels beziehungsweise der Ausbeutung tätig. Sie seien deshalb gefährlich für Sexarbeitende, die in Abhängigkeits- und Ausbeutungsbeziehungen zu den Rockergruppen stehen.
Bedrohungen und Erpressungen typischer als Morde
Rocker sind also oftmals in kriminelle Machenschaften involviert. Tötungsdelikte zählen jedoch typischerweise nicht unbedingt dazu.
«Rockergruppierungen möchten eher im Verborgenen ihre Geschäfte machen. Ein Mord ist da kontraproduktiv», erklärt Baier. Ein solcher würde nämlich «die gesamte öffentliche und polizeiliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen».
Machen Ihnen die Ausschreitungen in Bern Angst?
Allerdingt seien aus dem Ausland, zum Beispiel Deutschland, vereinzelte Fälle von Tötungsdelikten bekannt. «Das heisst, Rocker sind durchaus zu dieser Form der Straftat bereit», so der Kriminologe.
Auch andere Formen der Gewalt würden von Rockern ausgeführt – beispielsweise Körperverletzung. Hier gelte aber dasselbe: «Schwere Formen der Körperverletzung ziehen unter anderem die polizeiliche Aufmerksamkeit nach sich. Insofern sind diese Formen nicht typisch.» Für Rocker viel typischer seien eher Bedrohungen oder Erpressungen.