Hochwasser: Darum wartet das Wallis mit dritter Rhonekorrektur ab
Die dritte Rhonekorrektur gilt als wichtigstes Projekt für den Hochwasserschutz im Wallis. Dennoch wartet die Regierung weiter mit der Umsetzung.
Im Wallis ist es am Wochenende zu Überschwemmungen gekommen: Die Rhone trat an mehreren Stellen über die Ufer. Das richtete grosse Schäden an.
Dabei erreichte die Abflussmenge ähnlich hohe Werte wie im Jahr 2000, als es im Wallis zum schwersten Hochwasser gekommen war. Damals riss eine Schlammlawine in Gondo das halbe Dorf mit. Dabei kamen 13 Menschen ums Leben.
Angesichts der Naturkatastrophe vom Jahr 2000 und der aktuellen Überschwemmungen dürfte im Kanton der Hochwasserschutz Priorität geniessen. Doch die Kantonsregierung hat ausgerechnet Ende Mai entschieden, mit dem Projekt für die dritte Rhonekorrektur abzuwarten.
3,6 Milliarden Franken teures Projekt
Dieses sieht eigentlich vor, der Rhone auf einer Länge von 162 Kilometern mehr Platz zu geben. So solle der Fluss weniger oft über die Ufer treten. Damit sollen Schäden von schätzungsweise 10 Milliarden Franken verhindert werden. Ausserdem verspricht es 100'000 im Rhonetal lebenden Menschen mehr Sicherheit.
Schon jetzt ist klar: Es wird Jahrzehnte dauern, bis das Land entsprechend umgebaut ist. Zudem sind die Kosten mit 3,6 Milliarden Franken beträchtlich. Davon soll der Bund knapp zwei Drittel zahlen. Doch weshalb wartet das Wallis weiter mit der Umsetzung ab?
Laut der Kantonsregierung sei der Plan überdimensioniert. Eine Arbeitsgruppe soll das Projekt überarbeiten und einen genauen Zeitplan erstellen. Dass die Rhone stellenweise nicht nur abgesenkt, sondern auch verbreitert werden soll, stösst zudem auf Widerstand.
Denn dem Projekt würden rund 300 Hektaren Land von Bauern zum Opfer fallen. Das ist eine Fläche, die rund 420 Fussballfeldern entspricht. Für diese sehr guten Ackerflächen müssten die Bauern entsprechend entschädigt werden. Laut Regierung bedeutet das Kosten von rund einer Milliarde Franken.
Umstrittenes Gutachten
Heikel am Entscheid der Kantonsregierung, mit dem Projekt abzuwarten: Dieser wurde auf Grundlage eines umstrittenen Gutachtens gefällt. Dieses betitelt das Projekt zur dritten Rhonekorrektur als «unverhältnismässig» und «kostspielig». Das Hochwasserrisiko inklusive Gebäudeschäden und Opferzahlen würden darin überschätzt.
Das umstrittene Gutachten war vom zuständigen Staatsrat Franz Ruppen in Auftrag gegeben worden. Der Ex-SVP-Nationalrat hatte sich schon vor seiner Zeit als Regierungsmitglied kritisch zum Projekt geäussert.
Die Umweltverbände WWF, Pro Natura und der kantonale Sportfischer-Verband sehen im Gutachten «eine pauschale Abrechnung». Die Studie, die von einem vornehmlich im Immobilienbereich tätigen Konzern durchgeführt wurde, beruhe auf «einem schwachen Expertenniveau».
Im Juni kritisierte zudem der Grosse Rat im Wallis Ruppen wegen des Entscheids. «Wir spielen nicht mit der Sicherheit der Bevölkerung», verteidigte sich dieser.
Auch die aktuellen Überschwemmungen ändern Ruppens Meinung nicht: «Wir haben gerade ein 100-jährliches Hochwasser erlebt», sagt er zu den «CH Media»-Zeitungen. Dieses habe wie das Hochwasser im Jahr 2020 keine Todesopfer im Zusammenhang mit der Rhone gefordert. Ausserdem würden sich die Schäden auf «einige Dutzend Millionen Franken» beschränken.