Krankenkasse

«Irritiert»: Krankenkasse begrüsst Anrufer mit KI-Sprachroboter

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Basel,

Damit die Krankenkasse die Anrufe besser vorsortieren kann, nutzt sie jetzt Spracherkennung und künstliche Intelligenz. Das sorgt für Verwirrung und Bedenken.

telefonieren Krankenkasse
Telefonieren mit Hotlines kann mühsam sein. Jetzt stiftet künstliche Intelligenz bei der Krankenkasse zusätzliche Verwirrung. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Krankenkasse Sympany nutzt bei ihrer Hotline eine KI-Spracherkennung.
  • Ein Kunde findet das «irritierend» – jetzt überarbeitet die Krankenkasse den Hinweis.
  • Auch die Swisscom setzt auf KI für Anrufer – und das schon länger.
  • Der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte erinnert bei Nau.ch an die Auflagen.

Die künstliche Intelligenz (KI) verarbeitet jetzt deine Gesundheitsanliegen!

Wer bei der Krankenkasse Sympany anruft, wird nämlich zuerst mit einem KI-Roboter und nicht mit einem Menschen verbunden. Ein Kunde bezeichnet das als «irritierend».

Statt dass die Anfragen bei der Sympany-Helpline mittels Tastenkombination vorselektiert werden, muss man die Antworten jetzt nämlich einsprechen.

«Bitte schildern Sie uns Ihr Anliegen», heisst es auf dem Tonband. Dann kommt lange nichts.

«Dachte, das System hängt»

Nau.ch-Leser Benjamin A.* sagt: «Ich war irritiert. Ich wartete darauf, dass die Stimme mir sagt, welche Taste ich für ein Anliegen zu Rechnungen drücken soll.»

Als nichts folgt, spricht er dann doch «Rechnungen» ein. «Auf gut Glück – ich glaubte nicht daran, dass das etwas bewirkt. Ich dachte, das System hängt», sagt er.

Doch siehe da: Das Wort wurde erkannt und der Kunde wurde mit der nächsten freien Mitarbeiterin verbunden.

Krankenkasse überarbeitet Hinweise

«Das mag ja schon praktisch sein», findet Benjamin A. «Doch ich wünschte mir, ich würde beim Anruf darüber aufgeklärt.»

Und: «Dass meine Stimme einfach so verarbeitet wird, passt mir nicht.»

Auf Anfrage von Nau.ch bestätigt die Krankenkasse Sympany, dass es sich dabei um eine KI-Sprachlösung handelt. Diese transkribiert die Aussagen der Anrufenden und verarbeitet sie dann weiter.

Die Technologie soll nicht nur Deutsch, sondern auch Schweizerdeutsch erkennen.

Sprecherin Jacqueline Perregaux klärt auf: «Das Ziel ist eine Triage der Kundenanfragen zur richtigen Abteilung und dadurch eine schnellere Bearbeitung der Anfragen.»

Zeitaufwendiges Weiterverbinden zur richtigen Abteilung soll so vermieden werden. Doch: «Wir verstehen, dass es für einige Anrufende ungewohnt ist.»

Beim Einsatz des Voicebots handle sich allerdings um einen temporären Test. Zurzeit ist er deaktiviert», so Perregaux.

Denn: «Wir sind aktuell daran, die Informationen zum Voicebot anzupassen.»

Doch auch bei einer Überarbeitung der Informationen stellt sich die Frage nach dem Datenschutz weiterhin.

Perregaux betont: Die Aussagen der Anrufenden würden eine gewisse Zeit gespeichert und danach gelöscht. «Die KI greift nur auf die anonymisierte Transkription zu und nicht auf den Anruf selbst.»

Das heisst: Die Krankenkasse verfügt über keine Stimmproben der Anrufenden.

Auch Swisscom nutzt KI bei Hotline

Die Krankenkasse ist nicht das erste Unternehmen, das die Kundinnen und Kunden mit einem KI-Roboter begrüsst. Schon seit 2021 nutzt auch die Swisscom eine KI-basierte Lösung.

Trotzdem ist das für viele noch ungewohnt, wie das Beispiel von Nau.ch-Leserin Nadia O.* zeigt.

Swisscom Krankenkasse
Nicht nur die Krankenkasse Sympany nutzt KI bei der Hotline, sondern auch die Swisscom – und das seit 2021. - keystone

«Eine Roboter-Stimme stellte mir eine Frage. Ich wusste aber nicht, welche Ziffer ist zum Antworten drücken musste. Also wartete ich», berichtet die Swisscom-Kundin.

«Dann sagte die Stimme, sie hätte mich nicht verstanden. Erst da verstand ich, dass ich mit dem Roboter sprechen musste», sagt O.

Das habe sie «noch nie erlebt». «Ich war verwirrt.»

Swisscom-Sprecher Armin Schädeli sagt auf Anfrage von Nau.ch, dass man «sehr positive Erfahrungen» mit diesem System gemacht habe. «Die Kundinnen und Kunden sparen Zeit und werden schneller weitergeleitet.»

Musstest du schon mal mit einem KI-Roboter telefonieren?

Die Swisscom erhalte immer wieder entsprechende positive Rückmeldungen.

Doch warum erklärt man das System nicht?

«Wir sehen daher keinen Bedarf für einen spezifischen Hinweis. Wir wollen nur Informationen abspielen, die für die Mehrheit der Kunden wichtig und relevant ist.»

Sonst würde die Durchlaufzeit unnötig verlängert, so Schädeli.

Einzig die Information, dass der Anruf «zur Verbesserung unserer Dienste» aufgezeichnet wird, ist zu hören.

Datenschützer mahnt an Auflagen bei KI-Spracherkennung

Und das ist auch Pflicht beim Aufzeichnen von Gesprächen, wie der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) bei Nau.ch erklärt.

Kommt KI zur Anwendung, müssen die datenschutzrechtlichen Anforderungen eingehalten werden.

Dazu gehört auch, dass man darüber informiert wird, für welche Zwecke und auf welche Weise die Gespräche bearbeitet werden. «Transparent und verständlich», versteht sich.

Ist dir Datenschutz wichtig?

Bezüglich der Beispiele von Sympany und Swisscom kann der EDÖB keine Aussagen machen. Die Datenschutz-Konformität müsse stets im Einzelfall geprüft werden.

Übrigens: Wer nicht will, dass die Gespräche aufgezeichnet werden, kann dies zumindest im Onlineportal der Swisscom deaktivieren.

«Ebenso kann der Kunde im Gespräch mit unserem Swisscom-Support-Mitarbeiter die Einstellung deaktivieren lassen», erklärt Sprecher Armin Schädeli.

* Namen von der Redaktion geändert.

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Kommentare

User #5153 (nicht angemeldet)

Man will ja sooo kundennah sein..!

User #4039 (nicht angemeldet)

Die Firma wird sie in allen Ressorts zum Einsatz bringen, und dabei angeblich noch Strom sparen, der sowieso im Überfluss vorhanden ist; fragen sie mal Nikola Tesla.

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