Kann der Grippe-Peak mit Luftreinigern abgewendet werden?
Während die Grippefälle steigen, wächst auch das Interesse an Luftreinigern. Experten streiten über deren Wirksamkeit. Klar ist: Lüften bleibt unersetzlich.
Das Wichtigste in Kürze
- Politiker betonen die Bedeutung von sauberer Raumluft zur Eindämmung von Infektionen.
- Als Massnahme werden zuweilen Luftreiniger empfohlen. Deren Wirkung ist umstritten.
- Das BAG sieht die Geräte als Ergänzung, betont aber die Wichtigkeit des Lüftens.
Die Grippewelle rollt weiter über die Schweiz. In der Woche vom 6. bis 12. Januar wurden dem BAG 23,5 Erkrankungen pro 100'000 Einwohner gemeldet.
Das sind mehr als viermal so viele wie Mitte Dezember. Und es werden noch mehr: Experten erwarten den Höhepunkt der Influenza-Saison in eineinhalb Wochen Ende Januar.
Politiker und Experten betonen regelmässig, dass Atemwegserkrankungen wie Covid-19, Grippe oder RSV durch die Luft übertragen werden.
Innenräume als Hauptansteckungsorte
Es sei daher «essenziell, die Qualität der Raumluft zu verbessern, um Infektionsrisiken, Gesundheitskosten sowie Arbeits- und Schulabsenzen nachhaltig zu reduzieren». Das schrieb die Zürcher GLP-Politikerin Irène Kostenas kürzlich auf X.
Auch SP-Nationalrätin Gabriela Suter stellte vor rund einem Jahr in einer Interpellation fest, dass «unzureichend gelüftete Innenräume die Hauptansteckungsorte» seien.
«Die Reduktion von krankmachenden Aerosolen in der Innenraumluft ist deshalb wichtig, um Ansteckungen einzudämmen und die Bevölkerung zu schützen.»
Als Massnahme wird zuweilen – neben regelmässigem Lüften, Hygienekonzepten und Homeoffice – auch der Einsatz von Luftreinigern empfohlen.
Diese seien zwar «keine Allheilmittel, aber sie können einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion des Infektionsrisikos leisten.
Insbesondere in Innenräumen mit eingeschränkter Lüftung», ist der Personalverband Angestellte Schweiz überzeugt.
Mitarbeitende würden sich ausserdem sicherer fühlen, «wenn sichtbare Massnahmen ergriffen werden, um die Luftqualität zu verbessern».
Firma mit steigendem Luftfilter-Absatz
Ein Blick auf Google Trends zeigt tatsächlich: Das Suchinteresse nach Luftreinigern hat seit Beginn der Pandemie deutlich zugenommen.
«Dies deckt sich auch mit unseren Verkaufszahlen», sagt Mark Tugendlieb von Ecofort. Das Berner Unternehmen stellt Produkte rund ums Raumklima her.
«Covid-19 hat die Bedeutung von sauberer Luft stärker ins Bewusstsein gerückt», erklärt Tugendlieb den steigenden Absatz an Luftreinigern.
Rund zwei Drittel der Luftfilter-Käufer seien Privatpersonen. Ein Drittel entfalle auf Unternehmen und öffentliche Einrichtungen wie Schulen.
Bei der Aargauer Firma Subag Tech hat sich die Nachfrage nach Luftfiltern seit der Pandemie zwar verringert. Laut Arash Tajiki, Produktmanager Luftreinigung, steigt sie während der Heuschnupfen- und Grippesaison aber jeweils an.
Die Hersteller schwören wenig überraschend auf die Wirksamkeit ihre Luftreiniger.
Diese würden nicht nur Viren und Bakterien, sondern auch Pollen oder Staub filtern und so zu einem gesünderen Raumklima beitragen.
Studien widersprechen sich
Wissenschaftliche Untersuchungen ergeben hingegen kein klares Bild. Eine Studie der University of East Anglia (2023) kam zum Schluss, dass Luftfilterungssysteme das Risiko einer Virusinfektion nicht verringern.
Das genaue Gegenteil behaupteten Forscher der Universität der Bundeswehr München (2023): Mobile Luftreiniger seien geeignete Geräte zur Reduzierung der Virenlast in Innenräumen.
Die Ergebnisse der deutschen Studie sind indes mit Vorsicht zu geniessen. Diese wurde teilweise durch den Hersteller finanziert, der den Luftreiniger zur Verfügung stellte.
Gegen Nahübertragungen sind Luftreiniger machtlos
Und wie steht die oberste Schweizer Gesundheitsbehörde zu den Luftfiltern?
Im Zusammenhang mit dem Coronavirus empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit BAG sie als Ergänzung, wenn Lüften nur eingeschränkt möglich ist.
«Luftreinigungsgeräte können bei hauptsächlich luftübertragenen Krankheitserregern das Infektionsrisiko reduzieren», schreibt das BAG in seinem Positionspapier.
Sie seien in der Lage, sehr feine Partikel und damit auch virenhaltige Aerosole aus der Luft zu entfernen.
Doch Luftreiniger haben laut den Experten des Bundes eben auch ihre Grenzen.
Zum einen könnten sie eine gute Durchlüftung nicht ersetzen. Lüften entferne «nicht nur Partikel aller Grössen aus der Luft, sondern auch gasförmige Verunreinigungen».
Diese verschlechterten die Luftqualität und wirkten sich negativ auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit aus.
Der zweite Grund: «Ansteckungsrisiken im engen Kontakt zu infizierten Personen können durch Luftfiltergeräte nicht wirksam reduziert werden». In solchen Situationen helfe nur Abstand halten oder eine Maske tragen.