LGBTQ darf man auf Facebook neu «krank» nennen – scharfe Kritik
Facebook und Instagram lockern ihre Moderations-Richtlinien. Das sorgt bei der LGBT-Community für Besorgnis – und scharfe Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Facebook lockert seine Moderations-Richtlinien.
- Das sorgt für Kritik in der LGBT-Community.
- Man befürchtet nun noch mehr Hass im Netz – und auch im Alltag.
Der Konzern Meta, zu dem Instagram und Facebook gehören, sorgt derzeit mit einer Ankündigung für Diskussionen: Einerseits werden die Faktenchecker rausgeworfen. Andererseits werden die Regeln bei der Moderation gelockert.
Ein Entscheid, der in den Augen vieler Experten etwas mit der Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten zu tun hat.
Denn: Die Anpassungen auf den Meta-Plattformen und die kürzliche Abschaffung des Faktenchecks erinnern stark an das Vorgehen der Social-Media-Plattform X.
Diese gehört Trump-Freund und Tech-Milliardär Elon Musk und ist bekannt dafür, kaum moderiert und reguliert zu werden.
Doch was soll sich auf Facebook und anderen Meta-Plattformen überhaupt ändern?
Sexuelle Orientierungen dürfen als «psychisch krank» bezeichnet werden
Die bisherigen Facebook-Richtlinien werden beibehalten, wenn es in Beleidigungen um den Intellekt oder die psychische Gesundheit geht.
Allerdings gelten künftig lockerere Richtlinien, wenn es um sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität geht.
So soll es möglich werden, eine sexuelle Orientierung oder eine Geschlechtsidentität auf den Meta-Plattformen als «psychisch krank» zu bezeichnen.
Ausserdem ist es Mitgliedern von Facebook und Co. nun nicht mehr verboten, trans- oder non-binäre Personen als «Es» zu bezeichnen.
Änderungen auf Facebook sorgen für Wut und Beunruhigung
In seinen mittlerweile geänderten Unternehmensrichtlinien erklärt Meta die Veränderung folgendermassen: «In Anbetracht des politischen und religiösen Diskurses über Transgenderismus und Homosexualität lassen wir Behauptungen über Geisteskrankheiten oder Anomalien zu. Dies, wenn sie auf dem Geschlecht oder der sexuellen Ausrichtung beruhen.»
Das sorgt bei der Schweizer LGBTQIA+-Community (Abkürzung für: Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Intersex und Asexual) für Wut und Beunruhigung.
Gegenüber Nau.ch sagt Roman Heggli von der Schwulenorganisation Pink Cross: «Zuckerberg unterwirft sich mit dieser Kehrtwende Trump.»
«Grosse Sorgen»
Es gehe dabei überhaupt nicht um die Meinungsäusserungsfreiheit, so Heggli. Stattdessen könnten nun «alle ungestraft gegen Minderheiten hetzen und Hass verbreiten».
Er betont: «Das muss alle besorgen, denen eine friedliche Gesellschaft am Herzen liegt.»
Junge Menschen sind noch stärker in digitalen Räumen unterwegs als andere Generationen. «Es macht mir grosse Sorgen, dass besonders Jugendliche diesem Hass ausgesetzt sind», sagt Heggli darum.
Schutz vor Hass im realen Alltag wird noch wichtiger
Das bedeute, so Heggli, «dass der Schutz vor Hass im realen Alltag noch wichtiger» werde. «Und, dass sich die Schulen und die Politik aktiv gegen Diskriminierung einsetzen und Massnahmen ergreifen müssen.»
Derselben Meinung ist auch Tabea Hässler vom «Schweizer LGBTIQ+ Panel» und der Universität Zürich.
«LGBTQIA+-Personen sehen sich zunehmend Diskriminierung, Stigmatisierung und Hassrede ausgesetzt. Das wirkt sich negativ auf ihre Gesundheit aus.»
Sie befürchtet: «Die neuen Moderations-Richtlinien des Mutterkonzerns Meta für Facebook und Instagram könnten diese negativen Auswirkungen noch verstärken.»
Ihr zufolge droht gar eine Zunahme des Online-Hasses.
Denn: «Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Anti-Diskriminierungs-Richtlinien die Verbreitung von Online-Hass und dessen negative Folgen verringern können.»
Eine Lockerung dieser Regelungen werde hingegen zu einer Zunahme von Online-Hass führen, so Hässler. Es sei entscheidend, solchen Hass zu bekämpfen.
Tue man dies nicht, könne das dank Algorithmen zu einer Polarisierung führen.
Besonders brisant: So könne Hass aus dem digitalen Raum in die reale Welt überschwappen.
Neue Meta-Guidelines «besorgniserregend»
Eine Meinung, die auch Alessandra Widmer von der Lesbenorganisation Schweiz teilt.
Sie sagt: «Die neuen Richtlinien von Meta sind äusserst besorgniserregend, da sie digitaler Hetze Vorschub leisten.»
Insbesondere, da die sozialen Medien für viele Mitglieder der LGBTQIA+-Community «ein wichtiger Zufluchtsort» seien. Dort würden sie sich austauschen, Vorbilder, Informationen und Zuspruch finden.
«Umso wichtiger ist es, dass LGBTQIA+-Menschen Angebote und Unterstützung jenseits der sozialen Medien finden», so Widmer. «Auch in der Schweiz.»
Es sei kein Zufall, dass gerade LGBTQIA+-Menschen und Personen mit Migrationshintergrund nun weniger Schutz erhalten würden.
Denn diese Personengruppen seien es, die unter der bevorstehenden Regierung von Donald Trump zahllosen Angriffen ausgesetzt seien.