«Migros-Citro statt Sprite»: Erste US-Boykott-Versuche in Schweiz
Donald Trump hat der Welt den Zollkrieg erklärt. Auch in der Schweiz steigen manche jetzt von US-Produkten auf europäische Alternativen um.

Das Wichtigste in Kürze
- Donald Trump will Zölle erheben – auch gegen die Schweiz.
- Der Zoll-Hammer führt zu Boykott-Aufrufen gegen die USA.
- Laut einem Ethiker gibt es einige Argumente für einen solchen Boykott.
- Der Schweizer Handel hingegen beschwichtigt.
Der Ärger wegen Trump wächst und wächst in der Schweiz!
Ab diesem Mittwoch, 9. April, wollen die USA 31 Prozent Zölle auf Schweizer Exporte erheben. Die Schweiz ist vom Zollhammer des US-Präsidenten Donald Trump sogar noch stärker getroffen worden als die Europäische Union (EU).
Die Entscheidung versetzt den europäischen Kontinent in eine Schockstarre. Die EU plant Gegenmassnahmen, die Schweiz wartet zu.
Derweil erhält die sogenannte «Buy Europe»-Bewegung neuen Aufwind. Sie fordert dazu auf, US-amerikanische Produkte wegen Donald Trump zu boykottieren. Konsumentinnen und Konsumenten sollen stattdessen auf europäische Alternativen setzen.
Heisst etwa: Statt Coca-Cola oder Pepsi, lieber ein heimisches Süssgetränk trinken. Oder statt Internetdiensten wie Gmail oder Whatsapp auf europäische Anbieter setzen.
Politik von Donald Trump führt zu Boykott-Aufrufen
Und auch in der Schweiz stösst diese Boykott-Idee bei manchen auf offene Ohren. «Sollten wir amerikanische Produkte boykottieren?», fragt ein User in der Reddit-Gruppe «Switzerland».
Die Meinungen dazu sind gespalten. Einige User haben bereits damit gestartet. «Diese Woche habe ich zum Beispiel von der Migros Tuka-Citro statt Sprite gekauft. Und eine Falafelbox vom lokalen Döner-Mann statt bei McDonalds gegessen.»
Ein anderer schreibt: «Ich benutze nun Twint, wo immer ich kann.» So will er verhindern, dass die US-Firmen Visa und Mastercard an den Kommissionen verdienen.
Andere halten hingegen nichts vom Boykott. «Ich ziehe es vor, mich da nicht einzumischen. Ich werde mich nicht damit belasten, zu überprüfen, ob jedes Produkt, das ich kaufen will, in den USA hergestellt wurde.»
Und viele schmunzeln, dass ein Boykott doch gar nicht so leicht sei. «Lösche Reddit als ersten Schritt», zwinkert ein User. Die Social-Media-Plattform hat ihren Sitz nämlich in San Francisco.
Peter G. Kirchschläger ist Ethik-Professor an der Universität Luzern. Er sagt auf Anfrage von Nau.ch, es gebe aus wirtschaftsethischer Sicht durchaus gute Gründe für einen Boykott.
«Die aktuelle US-amerikanische Regierung verabschiedet sich gerade von Demokratie und Rechtstaatlichkeit, praktiziert Willkürherrschaft sowie Autokratie», beginnt er.
Die Trump-Administration bereichere sich zudem auf Kosten anderer, verletze Menschenrechte und suche Nähe zu Diktatoren und Tyrannen.
Wirtschaftsethiker: «Einfluss von Boykott kann beachtlich sein»
«All dies führt zu Leiden, Elend und Sterben von Menschen und trägt massiv zur Klimazerstörung bei», so Kirchschläger. «Es gibt also einige Argumente, warum ein solcher Boykott als wirtschaftsethisch Gesolltes begründet werden kann.»
Der Wirtschaftsethiker ist überzeugt: «Der Einfluss eines solchen Boykotts kann schon beachtlich sein. Insbesondere, wenn sich ein entsprechendes Momentum über Landesgrenzen hinaus entwickelt und schliesslich die Effekte des Boykotts wirtschaftlich spürbar werden.»

Das Ziel eines Boykotts müsse immer sein, dass die «ethisch problematisch handelnden Regierenden ihr Verhalten korrigieren». Dabei sei zu vermeiden, dass die Bevölkerung darunter leide.
Trotz der Aufrufe im Netz merkt der Schweizer Handel noch kaum etwas davon. Dagmar T. Jenni, Direktorin der Swiss Retail Federation, sagt gegenüber Nau.ch: «Es gibt keine solchen Signale und wir rechnen auch nicht mit einem Boykott.»
«Aus Erfahrung wissen wir, dass die Kundschaft in solchen Situationen mit Augenmass vorgeht», sagt sie.
Auch Kaspar Engeli, Direktor von Handel Schweiz, rechnet nicht mit einem Boykott-Trend wegen Donald Trump. «Zum einen gibt es die grossen Abhängigkeiten in der IT. Zum anderen rechne ich mit ganz neuen Spielregeln in den kommenden Tagen und Wochen.»
Schweizer Handels-Chef hofft auf Zoll-Lockerung
Er meint damit, dass Trump die Zölle gegen die Schweiz – zumindest teilweise – fallen lassen könnte. Die Schweizer Delegation hat bereits Kontakt zur Administration von Donald Trump aufgenommen, um einen Deal zu verhandeln.
Doch: «Ich kann die Besorgnis und das Unverständnis gegenüber der Politik der USA verstehen. Es geschieht rasend schnell und disruptiv», so Engeli.
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Er gibt allerdings zu bedenken: «Boykotte in einer derart vernetzten, arbeitsteiligen globalen Welt sind etwas unbeholfen.» Die Chance liege daher darin, dass Trump einen Rückzieher macht – auch weil die Zölle die US-Wirtschaft beeinträchtigen.
Ohnehin gelte: «Wir importieren wenig aus den USA, der Umfang und die Menge an Waren ist gering. Anders sieht es bei der Software aus», so Engeli.
Wie am Wochenende bekannt geworden ist, will die Schweiz Donald Trump mit Milliarden Investitons-Garantien besänftigen. Die Vorbereitungen für einen solchen Deal laufen.
Ob der Deal tatsächlich zustande kommt, bleibt jedoch ungewiss.