Morgen Prozess-Beginn: Das Ehepaar Zweifel und die Causa Kneubühl
Susanne und Johannes Zweifel sind gläubige Christen. Sie haben sich der Causa Kneubühl verschrieben. Der Amok-Rentner steht morgen in Biel BE vor Gericht.
Das Wichtigste in Kürze
- Susanne und Johannes Zweifel aus Meinisberg BE haben sich der Causa Kneubühl verschrieben.
- Peter Hans Kneubühl (67) soll verwahrt werden.
- Morgen kommt es zur Verhandlung in Biel BE.
Susanne (70) und Johannes Zweifel (69) aus Meinisberg BE sind gläubige Christen und siebenfache Eltern. Susanne Zweifel führte neun Jahre lang eine eigene Galerie beim Berner Münster. Dort verkaufte sie ihre selbst gemalten Bilder.
Johannes Zweifel ist ein überzeugter Abtreibungsgegner. 2002 sorgte er für Aufsehen: Er zog vor der Abstimmung zur Fristenregelung mit einer von einem alten Traktor gezogenen Leichenkutsche, auf der er mehrere Abfalleimer mit blutigen Puppen drapiert hatte, durch die Schweiz.
Ein politischer Fall?
Seit sieben Jahren haben sich Susanne und Johannes Zweifel noch einer anderen Causa verschrieben. Johannes Zweifel besucht alle zwei bis drei Wochen Peter Hans Kneubühl (76) im Gefängnis.
Weshalb tut er das? Johannes Zweifel antwortet ohne zu Zögern: «Weil das ganze Justizverfahren ein Skandal und ein reiner Schauprozess war. Das ist ein politischer Fall. Die fast unglaubliche Vorgeschichte, die zu diesem Fall führte, wurde bewusst unterschlagen.»
Kneubühl machte vor zehn Jahren in Biel BE als «Amok-Rentner» über die Landesgrenzen hinaus Schlagzeilen. «Die Behörden wollten ihn in die Psychiatrie wegsperren», ist Johannes Zweifel überzeugt.
Wegen eines Erbstreits mit seiner Schwester sollte das Elternhaus von Kneubühl in Biel zwangsversteigert werden. Kneubühl gelang trotz eines riesigen Polizeiaufgebots die Flucht. Nach neun Tagen wurde er schliesslich gefasst.
Kneubühl will nicht kommen
Morgen Donnerstag tagt das Regionalgericht in Biel BE wieder zum Thema Kneubühl. Das Traktandum: Die Berner Vollzugsbehörden wollen den Bieler jetzt offiziell verwahren, weil Kneubühl jegliche Therapie verweigert.
Es ist nicht klar, ob Kneubühl an der Verhandlung anwesend sein wird. «Er will aus Protest nicht kommen», sagt Johannes Zweifel. «Er ist total gegen das Verfahren. Er sagt, ich habe nichts Böses getan, die haben mich bedroht.» Das Gericht kann anordnen, dass Kneubühl trotz seines Widerstandes an die Verhandlung in Biel gebracht wird.
Kneubühl hatte im September 2010 mehrfach geschossen. «Ungezielt», so Johannes Zweifel. Bei seinem Ausstieg nach Mitternacht aus dem Fenster traf ein Schuss einen Polizisten am Kopf.
«Dieser Schuss wurde ohne jeglichen Beweis Kneubühl zugeordnet», ist das Ehepaar Zweifel überzeugt. «Der Treffer konnte richtungsmässig unmöglich aus seinem Gewehr stammen, sagte auch ein bekannter und unabhängiger Ballistiker, der am nächsten Morgen am Tatort war.»
Polizei erteilte Spekulation Absage
Die Kantonspolizei Bern erteilte damals der Spekulation, dass der Polizist möglicherweise versehentlich von einem Kollegen der Sondereinheit getroffen wurde, eine Absage. Als Kneubühl aus dem Haus gekommen sei, sei seitens der Polizei kein Schuss abgeben worden.
Kneubühl gelang dann trotz eines grossen Polizeiaufgebots für mehrere Tage die Flucht.
Er sitzt derzeit im Untersuchungsgefängnis in Thun BE. Das bedeutet 23 Stunden Einschluss in der Zelle und eine Stunde Besuchszeit pro Woche.
Kneubühl will weder TV noch Computer
«Es geht ihm den Umständen entsprechend sehr gut», sagt Johannes Zweifel. «Er zieht den Status als Untersuchungshäftling demjenigen des Normalvollzugs vor. Kneubühl ist völlig unbeschwert.»
Kneubühl trat 2017 in den Hungerstreik, weil er vom Normalvollzug im Thorberg BE zurück nach Thun wollte.
Er will weder Fernseher noch Computer in seiner Zelle. «Er sagt, das macht mich dumm», sagt Johannes Zweifel. «Er hört nur Radio.»
Kneubühl hat seit 1,5 Jahren einen neuen Pflichtverteidiger. «Wegen des Anwaltgeheimnisses darf ich Ihnen keine Auskunft geben», sagt dieser Nau.ch. Offenbar wollte ihn Kneubühl noch nie treffen.
«Kneubühl hatte zuvor den Zürcher Anwalt Valentin Landmann als Pflichtverteidiger», sagt Johannes Zweifel. «Ohne diesen zu informieren, setzte der Kanton einen neuen Pflichtverteidiger ein.»
Kneubühl traue leider auch den Anwälten nicht. Das Ehepaar Zweifel: «Er sagt, diese steckten mit den Gerichten unter einer Decke.»
5000 Seiten an Behörden
Im Gefängnis hat Kneubühl bisher rund 5000 Seiten geschrieben. Mit einer akkuraten, wie gedruckten Handschrift, ohne einen einzigen Schreibfehler.
«Es sind Eingaben an Behörden und Gerichte», sagt Johannes Zweifel. Die eine Stunde Freigang pro Tag nutze Kneubühl, um andere Untersuchungshäftlinge zu beraten. «Wenn es Ausländer sind, die weder Deutsch noch Französisch sprechen, erklärt er es ihnen auf Englisch.»
Kneubühl verweigert sich jeglicher Therapie. «Er ist halt konsequent», sagt Johannes Zweifel. «Er sagt, er lehne eine Therapie ab, weil Mitgefangene, die sich einer solchen unterzogen, körperlich und psychisch zerfallen.»
Kneubühl sei klar, dass er deswegen als untherapierbar gelte. «Er will unter keinen Umständen mit einem Gerichtspsychiater reden. Er hofft, dass irgendwann eine ehrliche Person seine Sicht ernst nimmt und der Angelegenheit mit Blick auf die Vorgeschichte nachgeht.»
Vertrauen in Staat verloren
Das Ehepaar Zweifel kommt morgen auch an die Verhandlung in Biel. Bereits beim Prozess 2013 war Johannes Zweifel an allen fünf Tagen als Zuschauer anwesend.
«Kneubühl ist ein liebenswürdiger, hochkorrekter und humorvoller Mensch», sagen die beiden. «Er hat jedoch das Vertrauen in staatliche Institutionen komplett verloren.»
Kneubühl wurden bei seinem Prozess 2013 in Biel Wahnvorstellungen und Schizophrenie attestiert. «Die Begründung ist haarsträubend», behauptet Johannes Zweifel.
Morgen Donnerstag sagt ein weiterer forensischer Gutachter über Kneubühl aus. Das Urteil über den behördlichen Antrag zur ordentlichen Verwahrung wird am Freitag verkündet.