Netz setzt Frauen unter Druck, Schrank ständig zu erneuern
Auf Tiktok macht sich die Gen Z über ältere Frauen lustig, die Skinny oder Mom Jeans tragen. Das sei «peinlich». Der Druck sorgt für Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Modetrends halten sich in der Regel nur wenige Jahre.
- Influencerinnen erklären Frauen um die 30 und älter, wie sie sich anziehen sollen.
- Das sorgt für Kritik: Viele sehen den Druck als zu gross.
Was, Sie tragen noch Skinny Jeans? Das ist so was von 2010. Sie stecken Ihr Shirt vorne in die Hose? Uncool! Mom Jeans, schwarze Ankle Boots, lange T-Shirts – alles out!
So klingt es zumindest auf Tiktok: Dort machen sich junge Mode-Influencerinnen über Frauen lustig, die sich so anziehen, wie es 2010 oder 2016 «cool» war. Ziel der Mode-Kritik sind vor allem Millennials, also Frauen, die zwischen 1980 und 1995 geboren wurden.
In den späten 2000ern und frühen 2010er-Jahren waren Skinny Jeans bei jungen Frauen noch der Mode-Hype. Doch das ist laut den Tiktok-Fashion-Göttinnen längst vorbei – heute trägt man die Hosen wieder lockerer.
«Können wir bitte einfach mit Mom Jeans aufhören? Sie sind peinlich»
Eine Userin geht gar so weit und «verbietet» auch Mom Jeans – Hosen mit hoher Taille und etwas weiteren Hosenbeinen. «Können wir bitte einfach mit Mom Jeans aufhören? Sie sind peinlich», findet sie. Stattdessen solle man hüfthohe Hosen tragen – wie Britney Spears 2001.
Zusammengefasst: Der Druck für Frauen ist gross, Kleider wegzuwerfen, die erst vor fünf Jahren noch in waren. Das sorgt auch für Kritik. Erstens landen so Shirts und Hosen in Müll oder Kleidersammlung, die noch gut passen würden.
«Wie man als Millennial trendig sein kann? Schritt eins: Wirf all deine Kleider weg!», witzelt eine Nutzerin zynisch. «Schritt zwei, sei zehn Jahre jünger!»
Zweitens kostet es viel Geld, alle paar Jahre den gesamten Kleiderschrank zu erneuern. Und drittens: «Wenn du etwas mehr Gewicht hast um die Hüfte, funktionieren Hosen mit mittlerer oder tiefer Taille nicht. Ich trage meine Jeans so hoch bis zu meinen Brüsten, wie ich will!», ärgert sich eine Nutzerin.
«Habe es satt, jedes Jahr neue Jeans zu kaufen»
Eine andere findet: «Ich habe es satt, jedes Jahr neue Jeans zu kaufen. Nur weil irgendeine trendige Generation sagt, was wir letztes Jahr gekauft hätten, sei out.»
Gibt es tatsächlich Kleidungsstücke, die im Jahr 2024 gar nicht mehr gehen – oder kann man alles irgendwie cool machen? Nau.ch hat mit dem Mode-Experten und selbsternannten Paradiesvogel Toni Kurz gesprochen.
Für den CEO des Berner Oberländer Modegeschäfts Outlet King ist klar: «Nur weil Skinny Jeans nicht mehr in sind, musst du sie nicht wegwerfen. Wenn sie dir noch gefallen, dann sei dir selber treu – das strahlt Selbstbewusstsein aus!» Er sieht sich mit seinen «extrem bunten» Anzügen als Vorbild.
«Man darf dazu stehen, dass man 30 oder älter ist»
Es komme zudem immer darauf an, wem man gefallen wolle. «Wenn man sich für die Generation Z anziehen will, würde ich von Skinny Jeans abraten. Aber ich finde, man darf dazu stehen, dass man 30 oder älter ist.»
Auch Kurz ist aufgefallen, dass im Netz viel Druck ausgeübt wird, regelmässig seinen Kleiderschrank zu erneuern. «Nach etwa zwei Jahren sind die meisten Trends vorbei, dann kommt wieder etwas Neues.»
Gerade in der Schweiz sei das ein Problem. «Uns geht es gut, wir haben das Geld, auf jeden Modetrend aufzuspringen.» Für ihn steht fest: «Den Leuten muss bewusst werden, wie viel Arbeit in einem einzelnen Kleidungsstück steckt, und das mehr wertschätzen.»
Viele tragen Kleider nur ein einziges Mal
Ein verbreitetes Phänomen sei auch, dass viele Schweizerinnen und Schweizer Kleider bestellen und dann nur ein einziges Mal tragen. Das sieht der Mode-Experte im Berufsalltag: «Wir erhalten immer wieder Kleider zurückgeschickt, die offensichtlich draussen getragen wurden. Weil sie kein Geld dafür ausgeben wollen, versuchen sie frech, es als neu auszugeben und wieder zurückzusenden.»
Gerade bei schnelllebigen Trends oder teuren Luxuslabels komme das häufig vor. «Manchmal werden die Kleider nur für Fotos getragen und wieder zurückgeschickt.»
Auch hier fehle es vielen an Umweltbewusstsein. Kurz fordert deshalb: «Fragt euch vor dem Bestellen: Brauche ich das wirklich? Und seht euch die Grössentabellen gut an, so kann man viele Retouren vermeiden.»
Damit man seinen Kleiderschrank nicht ständig erneuern muss und trotzdem cool aussieht, hat Kurz ein paar Tipps. «Man sollte nur die Trends mitmachen, die einem wirklich gefallen. Und man sollte auf gute Qualität setzen, damit man die Kleider jahrelang tragen kann.»
Sogar Prinzessin Kate trägt noch Skinny Jeans
Fazit: Der Skinny-Jeans-Trend ist zwar vorbei, doch wem sie gefallen – bitte, unbedingt weiter tragen. Sogar die zukünftige Königin von Grossbritannien schwört auch 2023 noch darauf. Und was Kate Middleton trägt, ist oft rasend schnell ausverkauft.
Will man seine Skinny Jeans aber nun doch loswerden, rät Kurz: «Nicht wegschmeissen! Am besten verkauft man alte Kleider selbst auf dem Secondhand-Markt oder spendet sie.»