Wegen Tarifstreit: Neuer Branchenverband für Krankenkassen gegründet
Anfang 2025 wird ein neuer Branchenverband seine Arbeit aufnehmen. Er wurde von den grössten Krankenkassen der Schweiz gegründet – zur Einung.
Das Wichtigste in Kürze
- Die grössten Krankenversicherer der Schweiz haben einen neuen Branchenverband gegründet.
- Er wird Anfang 2025 seine Arbeit aufnehmen und soll die Branche einen.
- Fusionsbestrebungen der Vergangenheit sind alle gescheitert.
Die grössten Krankenversicherer der Schweiz haben einen neuen Branchenverband gegründet. Den Ausschlag für den Neuanfang habe der Streit um den ambulanten Tarif gegeben, sagt KPT-Chef Thomas Harnischberg. Der neue Verband soll nun die Branche einen. Er wird Anfang 2025 seine Arbeit aufnehmen und das bestehende Duopol zweier Dachverbände beenden.
Weiter heisst es, dass der Verband die Interessenvertretung der Krankenversicherungsbranche stärken soll. Der Wunsch nach einem einheitlichen Auftritt sei in der gesamten Branche vorhanden. «Dass es die Verbände hier nicht schafften, eine gemeinsame Position zu finden, hat weder die Bevölkerung noch die Politik verstanden», sagt Harnischberg. Und die Branche erst recht nicht.
In der Vergangenheit hat es auch schon Fusionsbestrebungen gegeben. Doch letztlich seien alle Versuche gescheitert. Für weitere Fusionsanläufe fehle die Zeit, und mit den gegenwärtigen Strukturen seien Verbesserungen nicht möglich. «Es braucht einen Neuanfang.» Die KPT trat bereits Ende 2023 aus dem Krankenversicherer-Verband Curafutura aus.
Im März dieses Jahres hatte bereits der Chef des drittgrössten Krankenversicherers der Schweiz, der Groupe Mutuel, in den Medien einen Austritt aus dem Krankenkassenverband Santésuisse erwogen.
Person an der Verbandsspitze extrem wichtig
Wer den neuen Verband führen wird, ist noch offen. Für ihn stehe nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre aber fest, dass die Person an der Verbandsspitze extrem wichtig sei. Es brauche jemanden, der mit allen reden könne und den Konsens suche.
Der Gesundheitsökonom Willy Oggier hält die Gründung eines neuen Krankenkassenverbandes für grundsätzlich begrüssenswert. «Entscheidend wird sein, wer den neuen Verband gestalten wird», sagte Oggier auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Verharrten die Streithähne in den Schützengräben, ändere sich nichts. Denn diese hingen mit den Personen zusammen, die die derzeitigen Verbände Santésuisse und Curafutura geprägt hätten.
Gründungsmitglieder des neuen Verbandes sind laut Mitteilung die Krankenversicherer Assura, Atupri, Concordia, CSS, EGK, Groupe Mutuel, Helsana, KPT, ÖKK, Sanitas, SWICA, Sympany und Visana. Die bestehenden Mitgliedschaften in den Verbänden Santésuisse beziehungsweise Curafutura würden beendet.
Über 90 Prozent der Grundversicherten vertreten
Die Krankenversicherer wollen sich dem neuen Branchenverband nach eigenen Angaben «gemeinsam für ein nachhaltiges, finanzierbares, qualitativ hochstehendes und patientenzentriertes Gesundheitssystem einsetzen». Die Gründungsmitglieder vertreten laut Mitteilung heute bereits über 90 Prozent der Grundversicherten der Schweiz. Der Beitritt zur neuen Organisation stehe weiteren Krankenversicherern offen.
Der Bundesrat entschied am Mittwoch, die veraltete Tarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen namens Tarmed per Anfang Januar 2026 abzulösen. Er genehmigte die neue Einzelleistungstarifstruktur Tardoc sowie die ersten ambulanten Pauschalen.
Seit Jahren hatten Versicherer, Spitäler und Ärzteschaft um einen neuen Ärztetarif als Ersatz für den veralteten Tarmed gerungen, mit dem Spitäler und Ärzte abrechnen. Die Ärzteverbindung FMH und der Krankenkassenverband Curafutura schlugen die Tarifstruktur Tardoc vor, der Verband Santésuisse war nicht mit an Bord.