Höhere Franchise bei Krankenkassen: SP droht mit Referendum
Das Parlament will die Mindestfranchise der obligatorischen Krankenkasse erhöhen. Ein Volksentscheid wäre möglich.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Parlament will die Mindestfranchise bei den Krankenkassen erhöhen.
- Damit sollen Gesundheitskosten gespart und der Prämien-Anstieg gedämpft werden.
- Gegner dieser Forderung befürchten allerdings, dass es die falschen treffen werde.
Das Parlament will, dass die Mindestfranchise bei den Krankenkassen von derzeit 300 Franken erhöht wird. Gestern Abend hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat einen entsprechenden Vorstoss verabschiedet.
Doch dem erneuten Versuch, die Kosten im Gesundheitswesen zu dämpfen, weht bereits ein rauer Wind entgegen.
Ein Referendum sei auf jeden Fall eine Option, sagt SP-Nationalrätin Barbara Gysi im Nau.ch-Interview.
Bevölkerung «zahlt bereits sehr viel»
Ein Referendum mit grossen Chancen, glaubt Gysi: «Bei der Bevölkerung ist der Unmut sehr gross, denn man zahlt heute bereits sehr viel.»
Auch im Vergleich mit anderen Ländern, betont Gysi. «Jetzt die Kosten zu erhöhen bei denjenigen Leuten, die am meisten gesundheitliche Probleme haben, das ist wirklich der falsche Weg.»
Denn die Mindestfranchise sei erstens verbreitet bei Personen, die chronisch krank sind und deshalb häufig zum Arzt müssten, so Gysi.
Zweitens bei älteren Menschen, die tendenziell häufiger Konsultationen haben. Drittens bei Leuten mit wenig Geld, die nicht zweieinhalbtausend Franken auf die Seite legen und die höchste Franchise auswählen könnten.
Kosten verdreifacht, Franchise blieb gleich
Dem widerspricht SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr. Bei der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes 1996 habe die Mindestfranchise noch 150 Franken gekostet.
Seither sei sie zwar zweimal erhöht worden, über 230 Franken auf 300 Franken. Aber in den letzten 20 Jahren nicht mehr.
Gestiegen seien dagegen die Gesundheitskosten: «In den letzten zwanzig Jahren um fast das Dreifache», so Gutjahr.
«Auch die Prämien stiegen um fast 20 Prozent.» Deshalb müsse man auch bei den Leistungsbezügern ansetzen, nicht nur bei den Leistungserbringern.
Diskutieren will Gutjahr aber nicht nur die Franchisen, sondern auch alternative Versicherungsmodelle.
Dort gebe es ein grosses Potenzial: «Wenn man zum Beispiel zuerst bei der Versicherung anrufen muss, bevor man zum Arzt geht. Wer dazu nicht bereit ist, der soll dann eben mehr bezahlen.»
Vom BAG hat Gutjahr die Auskunft erhalten, dass sich damit mehrere Hundert Millionen Franken sparen liessen. Eine Zahl von bis zu 2 Milliarden habe sie auch schon gehört.
SVP-Gutjahr: Nicht Mehrkosten, sondern direktes Profitieren
Bei der Mindestfranchise bestehe einfach der grösste Hebel, weil etwa 45 Prozent der Versicherten diese gewählt hätten, sagt Gutjahr.
Von diesen wiederum würden 60 Prozent die Mindestfranchise nicht ausschöpfen. Es sei darum nicht so, dass es einfach Mehrkosten seien, «im Gegenteil», betont sie.
Denn bei diejenigen, die die Franchise nicht ausschöpften, würden sogar direkt profitieren: Weil die Krankenkassen-Prämien weniger stark ansteigen.
Das habe das BAG ebenfalls vorgerechnet: Bei 50 Franken mehr Franchise steigen die Prämien um 0,6 Prozent weniger. Bei 100 Franken seien es 1,3 Prozent, bei 200 Franken zwischen zwei und drei Prozent.
Einigkeit: Andere Sparmassnahmen nicht ausgeschlossen
Davon lässt sich SP-Nationalrätin Gysi aber nicht beeindrucken. Weil unter denjenigen, die die Franchise ausschöpfen, eben viele mit wenig gesundheitlichem beziehungsweise finanziellem Spielraum sind.
Für sie ist klar: «Wir müssen bei den Kosten ansetzen.» Das will auch SVPlerin Gutjahr, die unter anderem bei den Medikamentenpreisen genau hinschauen will.
«Vor allem müssen wir auch schauen, dass wir mehr Prämienverbilligungen zahlen können», ergänzt Gysi.
«Damit die Leute diese Prämien auch stemmen können», was wohl unabhängig von der Franchisen-Erhöhung gilt.