Pandemie schlägt jungen Frauen besonders aufs Gemüt
Corona schadet dem Menschen nicht nur körperlich – auch psychisch leidet die Bevölkerung. In der Schweiz sind vor allem junge Frauen betroffen.
Das Wichtigste in Kürze
- Schweizer Forscher untersuchten den Einfluss der Pandemie auf das psychische Befinden.
- Rund die Hälfte aller Frauen unter 30 Jahren kämpfen mit einer Verschlechterung.
Die Pandemie hat sich auf die psychische Gesundheit der Schweizer Bevölkerung ausgewirkt. Gelitten haben unter der Krise vor allem junge Menschen und insbesondere Frauen unter 30 Jahren, wie eine Studie zeigt. Zudem ist das Vertrauen ins Gesundheitssystem gesunken.
Der Anteil Personen mit einem beeinträchtigten psychischen Wohlbefinden wegen der Pandemie liegt bei Frauen bei 32 Prozent. Bei Männern sind es 20 Prozent, wie es in der am Mittwoch veröffentlichten Gesundheitsstudie der Krankenkasse CSS heisst.
Die negativen Auswirkungen seien am häufigsten bei jungen Menschen zu beobachten.
38 Prozent der 18- bis 35-Jährigen geht es laut der Studie höchstens «durchzogen». 38 Prozent geben an, dass die Corona-Pandemie ihre Einsamkeit verstärkt habe. Fast ein Drittel verspürt depressive Verstimmungen, und bei etwas mehr als einem Fünftel dieser Altersgruppe haben sich Angstzustände verstärkt.
Hälfte aller Frauen unter 30 Jahren leiden
Besorgniserregend sei die Situation bei den jungen Frauen bis 30 Jahren. Die Hälfte von ihnen bezeichne das eigene psychische Befinden als «durchzogen» oder noch schlechter. «Jede zweite junge Frau fühlt sich psychisch nicht gesund. Das ist ein dramatisches Bild», sagte Studienmitautor Michael Hermann vom Forschungsinstitut Sotomo vor den Medien.
Mögliche Gründe für die stärkere Betroffenheit der Jungen seien deren fehlende Resilienz, mit Krisen umzugehen oder deren gesunkene körperliche Aktivität. Auch fühlen sie sich stärker unter Druck, immer gesund und leistungsfähig zu sein. Immerhin: 74 Prozent aller Befragten fühlen sich mental meistens oder immer gut.
Der Anteil der Erwachsenen, der sich als gesund oder sehr gesund einschätzt, sank im Vergleich zur ersten Befragung vom März 2020 von 78 Prozent auf 73 Prozent. Ein Viertel der Erwachsenen nimmt sich somit als nicht vollständig gesund oder gar als krank wahr. Bei den Jungen stieg dieser Anteil von 16 Prozent auf 26 Prozent.
Paradoxerweise gleichzeitig sank die Anzahl Krankheitstage. Die Studie begründet dies unter anderem mit in den Corona-Schutzmassnahmen wie Maskentragen und Abstandhalten.
Pandemie hat auch positive Auswirkungen
Zwar wurden auch positive Auswirkungen der Pandemie genannt, etwa Krisenresistenz, Stressabbau oder mehr Lebensfreude. Allerdings überwogen diese bei jenen, mit gutem psychischen Wohlbefinden. «Der Graben zwischen psychisch Robusten und den weniger Robusten ist grösser geworden», sagte Hermann.
Die Pandemie machte sich auch auf der Waage bemerkbar: Personen über 60 Jahre legten im Schnitt ein Kilo, Personen unter 50 Jahren dagegen 2,5 Kilo zu.
Überraschenderweise hat die Pandemie das Vertrauen ins Gesundheitssystem verringert. Er hätte etwa nach dem Applaus für das Pflegepersonal das Gegenteil erwartet, sagte Hermann.
Impfbereitschaft bei jüngeren sinkt
Die Impfbereitschaft ist bei den Älteren gestiegen und bei den jüngeren gesunken. Wer sich nicht impfen lassen will, hält sich gesünder als Impfwillige.
Personen, die dem Mentalen einen besonders grossen Einfluss zuschreiben, sind gegenüber der Covid-19-Impfung skeptisch. Laut Hermann sehen diese Menschen eine Krankheiten eher als sichtbare Manifestationen der Einstellung. 78 Prozent der Impfgegner finden zudem, dass die Diskussion um Long Covid aufgebauscht werde.
Das Forschungsinstitut Sotomo führte die Gesundheitsstudie im Auftrag der Krankenkasse CSS vom 22. Juni bis 7. Juli 2021 durch. Für die Studie wurden 2274 Personen ab 18 Jahren in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz befragt.