Zwei Pflegende haben gekündigt und prangern die Missstände an: Neue Mitarbeitende wären oft überfordert, es komme zu Fehlern und Verunsicherung.
Pflegenotstand
Weil es in der Pflege zu wenige Berufsleute gibt, wurden verschiedene Massnahmen gestartet, um mehr Menschen für diesen Beruf zu begeistern. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Zwei Pflegende des Kantonsspitals St.Gallen haben «der Gesundheit zuliebe» gekündigt.
  • Sie klagen über Überlastung, Zeitdruck und hohen administrativen Aufwand.
  • Neue Mitarbeitende würden oft hochkomplexen Patienten zugeteilt und seien überfordert.
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Es herrscht Notstand in den Schweizer Spitälern: Pflegende sind überarbeitet, es mangelt an Personal. Wie schlimm die Situation ist, schildern zwei Pflegefachfrauen, die kürzlich im Kantonsspital St.Gallen gekündigt haben, im «Tagblatt».

Sie sei ausgebrannt gewesen, sagt Lea Meier, die nach zwölf Jahren «meiner Gesundheit zuliebe» gekündigt hatte. Auch eine ehemalige Arbeitskollegin, die sich anonym äussert, sagt: «Ich mag nicht mehr.»

Grund für die Kündigungen sei aber nicht das Spital, es sei kein Einzelfall. Grund ist das Gesundheitswesen, das sie als «ein krankes System» beschreiben. Es brauche ein Umdenken von allen, von den Krankenkassen, von der Politik und von jedem Einzelnen.

Pflege
Der administrative Aufwand für die Pflegenden ist gewachsen. Darunter leidet die Qualität der Pflege. (Symbolbild) - keystone

Denn die aktuelle Situation mache ihr Angst, sagt Meier: Die Arbeitsbelastung steige, es gebe immer mehr Krankheitsausfälle und Langzeitabsenzen. Die anonyme Pflegerin sagt, sie könne, wenn eine Mitarbeiterin krank sei, nicht einfach fünf Patienten nach Hause schicken. Man sei seit Jahren in einem Hamsterrad, es fehle an Zeit, um sich um die Patienten zu kümmern.

Und wegen der knappen Zeit steige die Fehleranfälligkeit. Vor allem bei neuen Mitarbeitenden, die wegen Personalmangels bei hochkomplexen Patienten eingeteilt würden. «Das führt zu Überforderung», sagt Meier. Es gebe vermehrt Fehleinschätzungen.

Und auch wenn die Patienten diese manchmal gar nicht bemerken, sie verunsichern die Pflegenden. «Sie haben Angst, zur Arbeit zu gehen, da ihnen wieder ein Fehler passieren könnte.» Auch fehle die Zeit für die eigene Psychohygiene.

Pflegefachfrauen: Menschen sollen nicht mit jeder kleinsten Verletzung in den Notfall

Zum Personalmangel kommt der laut den beiden Pflegefachfrauen gestiegene administrative Aufwand. Insgesamt leide die Qualität der Pflege. Die Zeit für die Patienten, für Gespräche zum psychischen Befinden, für Medikamentenschulungen oder für das Evaluieren von Massnahmen fehle. Es finde oft nur zwischen Tür und Angel statt.

Die beiden ehemaligen Pflegefachfrauen raten der Bevölkerung: «Die Menschen müssen wieder lernen, Verantwortung für ihren Körper zu übernehmen.» Sie sollten nicht bei jeder kleinsten Verletzung auf den Notfall rennen. Und sie sollten sich fragen, wie sie persönlich das Gesundheitssystem entlasten könnten.

Bereitet dir die Lage in den Spitälern Sorgen?

Trotz all der Missstände bezeichnet Lea Meier den Pflegeberuf als Traumberuf, «ich liebe ihn, es gibt keinen schöneren». Er sei spannend, interessant und wunderschön. «Aber nicht unter den aktuellen Bedingungen.»

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