Graubünden: Pierin Vincenz lebt jetzt in 200-Seelen-Dorf
Pierin Vincenz hat sich ins Bündnerland zurückgezogen. Dort ist der gefallene Raiffeisen-Chef trotz der schweren Vorwürfe willkommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Pierin Vincenz lebt grösstenteils in Andiast GR, dem Heimatort seines Grossvaters.
- Einheimische sind dem Ex-Banker positiv gestimmt, er grüsse freundlich und sei willkommen.
- Zudem hat der ehemalige Raiffeisen-Chef auch eine Villa im Tessin.
Seit seinem Gerichtsprozess und der Verurteilung zu fast vier Jahren Gefängnis ist Pierin Vincenz aus der Öffentlichkeit verschwunden. Der ehemalige Chef der Raiffeisen hat sich zurückgezogen – und zwar ins Bündnerland, wie die «Bilanz» berichtet.
Der 67-Jährige lebt in Andiast im Ferienhaus der Familie. In dem 200-Seelen-Dorf, das zur Gemeinde Brigels gehört, wuchs Vincenz' Grossvater auf, er war Bergbauer. Das grosse Ferienhaus wurde von seiner Schwester gebaut, die Namen seiner beiden anderen Schwestern stehen auf dem Briefkasten.
Einheimische von Andiast sagen der «Bilanz», dass sie Vincenz und seine Partnerin häufig sehen, beim Wandern, Skifahren oder im Restaurant. Und in den Bündner Bergen ist der gefallene Banker gerne gesehen. Trotz der Vorwürfe des Betrugs, der ungetreuen Geschäftsbesorgung und trotz der Stripclub-Besuche auf Firmenkosten.
«Bei uns ist er natürlich herzlich willkommen», sagt beispielsweise Beat Zenklusen. Vincenz sei immer gut aufgestellt, grüsse alle freundlich, so der Direktor der Bergbahnen Brigels und des Pradas Resort. «Er ist sehr aufgeschlossen, man merkt ihm gar nichts an.»
Mit ein Grund für die Loyalität dürfte die Hilfe des Ex-Bankers vor zehn Jahren sein. Damals standen die Bergbahnen vor dem Konkurs. Vincenz aber bewahrte das Unternehmen laut der «Bilanz» zusammen mit anderen Investoren vor dem Ruin.
Auch Marcel Friberg sagt: «Es ist nicht so, dass die Leute hier einen Bogen um ihn machen.» Laut dem Ehrenpräsidenten des Golfclubs Brigels ist Vincenz «immer herzlich willkommen». Was geschehen sei, müssten die Gerichte beurteilen, in Andiast werde die Sache nicht thematisiert.
Pierin Vincenz lebt auch im Tessin
Neben dem Bündnerland ist das Tessin der zweite Rückzugsort des gefallenen Bankers: In Figino TI ist seine offizielle Anschrift. Dort soll er zusammen mit seiner Partnerin ebenfalls viel Zeit verbringen.
Zudem besitzt er eine weitere Villa im Südkanton – zumindest noch: Denn das Anwesen in Morcote gehört zum gesperrten Besitztum von Vincenz. Er hatte es 2015 mit seiner damaligen Frau für rund 6,5 Millionen Franken erworben. Im April wird es nun versteigert, um die Hypothek zurückzuzahlen.
Ähnlich ergeht es einer Villa des Ex-Bankers im Appenzell: Das Haus im Wert von zwölf Millionen Franken in Niederteufen AR steht zum Verkauf. Doch seit bald zwei Jahren sucht der Immobilienhändler einen Käufer – er muss sich noch gedulden.
Das muss sich auch Pierin Vincenz: Das Obergericht hat das Urteil aufgehoben, für die Staatsanwaltschaft geht es zurück auf Feld 1. Bis es zu einem weiteren Prozess und Urteil kommt, können nun Jahre vergehen.