Polizist warnt Freundin vor Terror – Amtsgeheimnis verletzt?
Ein Aargauer Polizist hatte seine Freundin vor einem möglichen Terroranschlag gewarnt – hat er damit das Amtsgeheimnis verletzt?
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Polizist warnte seine Freundin vor einem möglichen Terroranschlag in Wohlen AG.
- Laut einem Gericht hatte der Beamte damit das Amtsgeheimnis verletzt.
- Der Aargauer erhält eine bedingte Geldstrafe wegen der Warnung.
Während mehrerer Stunden durchsuchte die Kantonspolizei Aargau am 4. April 2024 das Fitnesscenter Puregym in Wohlen und die weiteren Räume des Gebäudes. Der Grund war eine telefonische Drohung, die gegen 19 Uhr einging. Gefunden wurde nichts – «es konnte keine Gefahr ausgemacht werden», hiess es damals im Anschluss.
Wie die «Aargauer Zeitung berichtet», werden nun die Hintergründe zu der Drohung bekannt. Und zwar wegen einer Anklageschrift – es geht um eine mögliche Amtsgeheimnisverletzung. Dazu später mehr. Die Drohung ging demnach via Kapo Zürich bei den Kollegen im Aargau ein.
Im Journal sei folgende Meldung erfasst worden: «Hier spricht der Islamische Staat. Wir kündigen Anschlag auf das Puregym in Wohlen an. Jeder wird getötet.» Wenig später ging eine ähnliche Meldung ein, in der erklärt wurde, die «Ungläubigen» würden in einer Stunde sterben.
«Alles ging drunter und drüber, man hat sich Sorgen gemacht»
Die erwähnte Anklageschrift betrifft einen Regionalpolizisten, der bald 30 Jahre im Dienst ist. Er war nicht am Einsatz im Puregym beteiligt, hatte aber von zu Hause aus den Eintrag im Polizeijournal gesehen. Daraufhin habe er seine Lebenspartnerin gefragt, wo ihre Tochter sei.
Vor dem Bezirksgericht Bremgarten erklärte er laut der «AZ»: «Ich habe nicht so ein enges Verhältnis zu ihr, darum habe ich sie nicht selbst angerufen. Ich wusste aber, dass sie sich öfters in Wohlen aufhält, und wollte, dass sie nach Hause kommt.»
Die Lebenspartnerin habe daraufhin ihre Tochter, die sich in einer Tanzschule in Wohlen befand, um 19.16 angerufen. Die Tochter ihrerseits hat in der Folge ihre Kolleginnen informiert – auch die Inhaberin der Tanzschule soll erfahren haben, dass angeblich der IS um 20 Uhr eine Schiesserei in Wohlen plane.
Die Frau habe den Notruf gewählt, wo man ihr erklärte, dass sie in der Tanzschule sicher sei. Doch war bereits unnötige Aufregung entstanden, worüber sich die Inhaberin nervte. Gerichtspräsident Lukas Trost fasste das Ende der Geschichte demnach wie folgt zusammen: «Alles ging drunter und drüber, man hat sich Sorgen gemacht.»
Ab wann ist das Amtsgeheimnis verletzt?
Dem Polizisten wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, das Amtsgeheimnis verletzt zu haben. Er gibt zwar zu, seiner Partnerin von der Drohung in Wohlen für 20 Uhr erzählt zu haben. Von einer Schiesserei und einer Beteiligung des IS, oder dass es um ein Gym gehe, habe er jedoch nicht erwähnt, beteuerte der Mann vor Gericht. Von einer Schiesserei war in der Drohung nie die Rede – dass der ursprünglichen Nachricht etwas hinzugefügt wurde, war damit bewiesen.
Die grosse Frage lautet in dem Fall: Ab wann ist das Amtsgeheimnis verletzt? Der Anwalt des Beschuldigten meinte, dass sein Mandant keine Details verraten habe und damit also weder den Schutzbereich einer privaten noch einer juristischen Person verletzt habe. «Es war zwar ungeschickt von ihm, die Warnung auszusprechen, er hat sich aber nicht strafbar gemacht. Wer hätte in dieser Situation nicht ähnlich gehandelt», fragte er mit Blick zum Richter.
Bedingte Geldstrafe – «hoffe ihr Arbeitgeber hat Verständnis»
Gerichtspräsident Lukas Trost gab dem Anwalt des Beschuldigten nur bedingt recht und sagte: «Ihre Absichten waren gut». Im Sinne der Anklage sei er aber trotzdem schuldig, weil er Informationen weitergegeben habe, die zu dem Zeitpunkt nur im Polizeijournal gestanden hätten.
Weiter meinte der Gerichtspräsident, dass der Beschuldigte andere Optionen gehabt hätte: «Sie hätten die Tochter ihrer Partnerin anrufen und ihr sagen können, sie solle im Tanzstudio bleiben.» Schliesslich wurde der Regionalpolizist zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 260 Franken bei einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Hinzu kommt eine Busse von 2600 Franken.
Es ist übrigens nicht seine erste Verurteilung. 2019 wurde er bereits im Zusammenhang mit seinem Beruf wegen versuchter Begünstigung verurteilt. Das aktuelle Urteil könnte zudem Auswirkungen auf seine berufliche Zukunft haben. Sein Vorgesetzter war ebenfalls bei der Verhandlung anwesend.
«Das zeigt mir, dass Ihre Arbeit geschätzt wird, und ich hoffe, Ihr Arbeitgeber hat ein gewisses Verständnis», meinte Trost. Der Richter bewertete die Schwere des Verschuldens im unteren Bereich ein.