Postillon macht sich über Schweizerdeutsch lustig – kriegt aufs Dach
Ausgerechnet zum Nationalfeiertag macht sich das deutsche Satireblatt «Der Postillon» über Schweizerdeutsch lustig. Viele Leser finden das gar nicht lustig.
Das Wichtigste in Kürze
- «Der Postillon» vergleicht Schweizerdeutsch in einem Artikel mit «Würgelauten».
- Schweizer Leser des Satiremagazins finden den Witz gerade am 1. August gar nicht lustig.
- Eine Sprachwissenschaftlerin erklärt, ob an dem Vergleich etwas dran ist.
«Schweizer fast erstickt, weil Restaurantgäste Würgelaute für Schwiizerdütsch hielten»: Pünktlich zum 1. August postet das deutsche Satiremagazin «Der Postillon» einen Link zu diesem Artikel von 2016 auf X (früher Twitter). In den Kommentaren hagelt es Entrüstung.
«Ned luschtig», «Unlustig» und «nid witzig», schreiben viele offenbar schweizerische X-Nutzer. «Und das heute am Schweizer Nationalfeiertag», meint jemand anderes enttäuscht.
Auf Anfrage von Nau.ch meint Stefan Sichermann vom «Postillon» humorvoll: Es habe «wie immer weitgehend euphorisch positives Feedback» gegeben. Auch Rückmeldungen von empörten Schweizern habe er wohl bekommen, «aber wir konnten sie nicht verstehen». Dazu schickt er zwei Screenshots mit Beispiel-Kommentaren.
In der Postillon-Geschichte erstickt ein Schweizer in einem deutschen Restaurant fast an einem Hühnerknochen. «Er machte immer wieder ‹Kchch! Kchch! Hrkch› oder so ähnlich», berichtet demnach eine Kellnerin.
Aber klingt Schweizerdeutsch für Deutsche wirklich wie «Würgegeräusche»? «Der Eindruck kommt wohl vom ch-Laut», vermutet Regula Schmidlin, Germanistik-Professorin und Dialekt-Expertin der Universität Fribourg. «Dieser wird tatsächlich weiter hinten im Hals artikuliert als der k-Laut.»
Daher kommen die Unterschiede zwischen Deutsch und Schweizerdeutsch
Der ch-Laut komme in schweizerdeutschen Mundarten viel öfter vor als im Hochdeutschen. Grund für diesen Unterschied ist laut Schmidlin die sogenannte hochdeutsche Lautverschiebung zwischen dem 5. und 8. Jahrhundert.
«Man sagte nicht mehr ‹maken›, sondern ‹machen›», erklärt sie. «Die schweizerdeutschen Mundarten gingen noch einen Schritt weiter, indem sie ‹k› auch am Wortbeginn zu ‹ch› verschoben haben. Deshalb sagen wir meist nicht ‹kochen›, sondern ‹choche›.» Dies erklärt, was genau für Deutsche am Schweizerdeutschen besonders befremdlich klingt.
«Möchten Sie sich bei den Schweizern für den Witz am Nationalfeiertag entschuldigen?», fragt Nau.ch zum Schluss den «Postillon». Die Antwort: «Die Schweiz hat einen Nationalfeiertag?»