Pressestimmen zur CO2-Abstimmung
Am Sonntag wurden nicht nur beide Agrarinitiativen abgelehnt, sondern auch das CO2-Gesetz. Wie kam es dazu und was bedeutet dies nun für die Schweiz?
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einer knappen Mehrheit von 51,6 Prozent wurde das CO2-Gesetz am Sonntag abgelehnt.
- Einige Schweizer Zeitungen diskutieren, wie es dazu gekommen ist.
- Und was das für die Zukunft der Schweiz genau heisst.
Einige Schweizer Zeitungen verweisen auf die Kluft, die sich bei der CO2-Abstimmung zwischen Städtern und Menschen auf dem Lande zeigte. Andere schliessen: Die Schweiz hat mit dem Portemonnaie gewählt.
«Mit dem Nein zu den beiden Agrarinitiativen und zum CO2-Gesetz erleidet die urbane Schweiz eine schwere Niederlage. Die Abstimmung offenbart ein tief gespaltenes Land.... Die Landschweiz begehrt auf», unterstreicht der «Tages-Anzeiger» in einem Leitartikel. Nach dem Supersonntag stünden sich zwei Schweizen gegenüber, die sich nicht verstünden und aneinander vorbeiredeten.
Die Abstimmung wurde zum Kollateralschaden
Auch «Le Temps» diagnostiziert eine tiefe Spaltung in der Schweiz. Auf der einen Seite stünden die Städter und ungestüme Klimaaktivisten. Auf der anderen die Bauern, die sich und ihre Arbeitsmethoden mit den Agrarinitiativen angegriffen fühlten. Die Abstimmung über das CO2-Gesetz sei dabei zum Kollateralschaden geworden.
Die «Neue Zürcher Zeitung» sieht vor allem finanzielle Motive hinter der Ablehnung des CO2-Gesetzes. «Die Debatte über das CO2-Gesetz wurde von der Frage des Portemonnaies beherrscht.... Die Sorge um die finanziellen Konsequenzen der Klimaschutzmassnahmen war grösser als die Angst vor dem Klimawandel.»
Das Nein zum CO2-Gesetz sei ein Hammerschlag für die Schweizer Politik. Nun liege die Klimapolitik der Schweiz in Trümmern.
«La Liberté» sieht das ähnlich. «Die Schweizer sind ‹grün, aber nicht zu grün› und unterstützen die Umwelt, solange es sie fast nichts kostet. Und solange keine Windräder in ihren Hinterhöfen wachsen.»
Das Abstimmungsergebnis sei ein durchschlagender Erfolg für die SVP. Diese hat es geschafft, die Debatte vom Klimanotstand auf die finanziellen Auswirkungen der in Bern beschlossenen Reform zu verlagern.
Ablehnung ist Sieg für Erdölwirtschaft
Auch die «Berner Zeitung» sieht die Ablehnung des CO2-Gesetzes als einen Sieg der SVP. Und der Erdölwirtschaft - und warnt vor ernsten Konsequenzen. Es werde nun kaum möglich sein, den Treibhausgasausstoss bis 2030 wie geplant zu halbieren.
Die Zeitungen sind sich einig, dass es nun Alternativen zum CO2-Gesetz geben muss. «Le Temps» fordert dafür vor allem von den Klimaaktivisten ein wenig politischen Realismus.
Nach Meinung der «Neue Zürcher Zeitung» müssen die Gegner des CO2-Gesetzes nun einen Plan vorlegen. Dieser soll aufzeigen, wie der Ausstoss von Treibhausgasen eleganter reduziert werden könne. Für eine Neujustierung der Schweizer Klimapolitik bleibe wenig Zeit. «Einen Stillstand im Klimaschutz kann sich die Schweiz auch nach diesem Volksnein nicht leisten.»
Die «Berner Zeitung» sorgt sich, dass es weiter wertvolle Zeit kosten werde, bis eine neue Lösung für die Klimapolitik vorliegt. «Der Weg zur Klimaneutralität ist gestern Sonntag von einer beschwerlichen Bergwanderung zur riskanten Klettertour geworden: Die Chancen, das Ziel zur erreichen, sind kleiner denn je, umso grösser ist dafür die Absturzgefahr.»
Klimalösung muss her
Um Fortschritte zu erreichen, müsse es Kompromisse im Kampf gegen den Klimawandel geben, betont der «Tages-Anzeiger».
«Es muss eine Klimalösung her. Wenn wir politisch vorwärtskommen wollen, müssen wir wieder mehr miteinander reden und einen neuen Kompromiss schmieden. Ohne Austausch gibt es keine Deals. Sondern Blockade.»