Prüft «nicht neutral»: Anwalt erhebt Vorwürfe gegen die IV
Anwalt Luzius Hafen wirft der IV vor, eine Kultur zu haben, die Ansprüche nicht neutral zu prüfen. Zudem würden einseitige Gutachter gerne beauftragt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Anwalt wirft der IV vor, die Ansprüche nicht neutral zu prüfen.
- Einseitige Gutachter seien die besten Rösser, man lasse sie nur ungern springen.
- Dies zeige der Fall der Pmeda-Gutachter, die weiterhin Aufträge erhielten.
Seit 20 Jahren schon kämpft Anwalt Luzius Hafen für bessere Gutachten in IV-Verfahren. Er macht den Gutachtern gegenüber dem «Beobachter» schwere Vorwürfe. Und auch vermeintliche Siege können teils zu keinen Verbesserungen führen.
In den Nullerjahren habe sich die Diskussion um Invalidität – befeuert von der Debatte um Scheininvalidität – verschärft. «Es hat sich eine Kultur entwickelt, die Ansprüche nicht neutral prüfen, sondern IV-Leistungen verhindern will», sagt der Anwalt. Das sei dann auch zum Geschäftsmodell einiger Gutachter geworden.
Er wirft der IV und den Gerichten vor, die Schriften der Ärzte und Anwälte gar nicht zu lesen. «Stattdessen begegnen wird Textbausteinen, bei denen der betroffene Mensch verschwindet.»
Im Februar dieses Jahres konnten dann die Vertreter von IV-Antragsstellern einen Sieg einfahren – zumindest vermeintlich: Das Bundesgericht befand die Gutachten der Firma Pmeda als «zweifelhaft». Zuvor fand die Eidgenössische Kommission für Qualitätssicherung in 32 Pmeda-Gutachten gravierende Mängel. In der Folge wurde die Firma vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) von der Gutachterliste gestrichen.
«Einseitige Gutachter sind die besten Rösser»
Das hatte zwar Konsequenzen für das Unternehmen – es befindet sich in Liquidation –, nicht aber für die Gutachter. Denn diese werden weiterhin von IV-Stellen beauftragt, Anträge zu prüfen.
Für Luzius Hafen ist das unverständlich. Als Co-Präsident der Rechtsberatungsstelle UP für Unfallopfer und Patienten fragt er beim BSV nach. Die Antwort: Der Bericht der Kommission habe sich nicht gegen die Gutachter gerichtet, sondern lediglich gegen Pmeda als Organisation.
Der Anwalt findet die Antwort nicht überraschend: Das BSV interessiere sich nicht für die Qualität der Gutachten. «Einseitige Gutachter sind die besten Rösser im Stall, man lässt sie nur ungern springen.» Er spricht von Fliessbandgutachten, in denen bloss der Name ausgetauscht werde. Die Ablehnung eines Gesuchs auf eine IV-Rente basierend darauf könne er nicht akzeptieren.
Auch wenn vermeintliche Siege keine sind, will Luzius Hafen weiterkämpfen. Denn: «Ich glaube, dass sich etwas verändern kann. Auch wenn es noch zehn Jahre dauert. Oder länger.»