Räte uneinig über Abrechnungsfreiheit von Pflegenden
Uneinigkeit im Parlament: Soll für Pflegende, die selbstständig abrechnen wollen, eine Vertragspflicht gelten?
Das Wichtigste in Kürze
- Mit einer Ausbildungsoffensive will das Parlament dem Pflegeberuf einen Schub verschaffen.
- Uneinigkeit besteht hingegen, was die Abrechnung Selbstständiger angeht.
- Streitpunkt ist, ob für diese eine Vertragspflicht gelten soll oder nicht.
Mit einer Ausbildungsoffensive und neuen Kompetenzen will das Parlament den Pflegeberuf stärken. Nicht einig sind sich die Räte jedoch bei folgender Frage: Soll für Pflegende, die selbständig abrechnen wollen, eine Vertragspflicht gelten?
Pflegende sollen die Möglichkeit erhalten, gewisse Leistungen selbständig abrechnen zu können. Darin sind sich die Räte einig. In den meisten Fällen braucht es dafür noch eine Anordnung des Arztes. Welche Leistungen genau Pflegende selbst abrechnen können, soll der Bundesrat festlegen.
Mitte bis Rechts befürchtet Mehrkosten
Die FDP und die SVP befürchten dadurch aber Mehrkosten. Je mehr Leistungserbringer vorhanden seien und je mehr Leute abrechnen könnten, umso höher seien die Kosten. Dies sagte etwa Verena Herzog (SVP/TG) am Dienstag im Nationalrat. Die SVP unterstütze daher die Version, welche der Ständerat in der Sommersession eingebracht hatte.
Dieser knüpfte die erweiterten Bedingungen an eine zusätzliche Bedingung: Von der Möglichkeit profitieren sollen nur jene Pflegefachpersonen, Spitexorganisationen und Pflegeheime, die mit den Krankenversicherern vorgängig eine Vereinbarung abgeschlossen haben. Das sei ein guter Kompromiss, sagte Herzog.
Grüne geht von keinen Mehrkosten aus
Diese Angst vor Mehrkosten sei unbegründet, entgegnete Manuela Weichelt-Picard (Grüne/ZG). Es könne doch nicht sein, dass es eine ärztliche Anordnung brauche, wenn jemandem zuhause Stützstrümpfe angezogen würden.
Die Ärzte würden entlastet, wenn sie nicht mehr für alles eine Anordnung schreiben müssten, sagte zudem Barbara Gysi (SP/SG). Das spare Kosten. Die Mehrheit sprach sich mit 114 zu 79 Stimmen bei 1 Enthaltung gegen die Vertragspflicht aus. Damit besteht hier noch eine Differenz zwischen National- und Ständerat.
Uneinigkeit um kantonale Zuständigkeit
Ebenfalls nicht einig sind sich die Räte bei der kantonalen Zuständigkeit bei den Ausbildungsbeiträgen. Der Nationalrat will die Kantone verpflichten, angehenden Pflegefachkräften Beiträge an die Lebenshaltungskosten zu leisten und veranschlagt dafür 469 Millionen Franken. Der Bund soll die Kantone während acht Jahren unterstützen. Der tiefe Ausbildungslohn gilt als eine der Ursachen für die zu geringe Zahl von Abschlüssen.
Der Ständerat will diese Leistung der Kantone jedoch als freiwillig gestalten und beantragt 369 Millionen Franken. Der Bundesrat unterstütze diese Version, weil dadurch 100 Millionen Franken gespart werden könnten. Dies sagte Gesundheitsminister Alain Berset am Dienstag im Rat.
Die Mehrheit des Nationalrats hielt aber auch hier an seiner Version fest mit 115 zu 76 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Eine Kann-Formulierung könne dazu führen, dass sich Kantone weigern werden, sagte Gysi. An dieser Ausbildungsoffensive müssten sich aber alle beteiligen.
Die Vorlage geht zurück an den Ständerat.