«Rückgang»: Ist die Krawatte in der Schweiz bald tot?

Cynthia Mira
Cynthia Mira

Zürich,

Banker wie Sergio Ermotti tragen immer seltener Krawatte. Ist sie bald tot? Der Kleidungsstil sei lockerer geworden, heisst es vielerorts.

Krawatten als Museumsobjekt?
Bereits museumstauglich oder nicht? Die Krawatte liefert nach wie vor eine persönliche Note bei einem schlichten Outfit. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Krawatte verliert seit Jahren an Bedeutung. Ganz out ist sie aber noch nicht.
  • Das Accessoire wird von anderen Farbtupfern ersetzt. Beispielsweise von Hosenträgern.
  • In der Schweiz gibt es nur noch eine Firma, die Krawatten lokal produziert.

Stehen Krawatten kurz vor dem Untergang? Jedenfalls titelte kürzlich der «Bayerische Rundfunk» einen Beitrag so. Der Autor analysierte die Situation in Deutschland. Fragt sich, ob auch in der Schweiz die Herren bald gänzlich ohne Schlips auskommen?

Fakt ist: «Die Krawatte hat seit über zehn Jahren an Bedeutung verloren. Den Rückgang können wir bestätigen.» Das sagt Peter Bachmann der Schweizer Firma Bachmann Krawatten AG. Ihren dazugehörigen Markennamen «Papillon» vertreibt die Firma zusammen mit anderen Labels.

Die Aussage lässt aufhorchen. Schliesslich ist es die einzige Firma, die in der Schweiz noch qualitativ hochwertige Krawatten produziert. Und das seit über 70 Jahren. Die restlichen Firmen gaben auf.

Sind Sie mehr der Fliegen- oder Krawatten-Typ?

«Viele unsere Mitwerber haben in den letzten sieben Jahren die Produktion in der Schweiz eingestellt. Oder die Geschäftstätigkeit ganz beendet», führt Bachmann aus.

Und dennoch: Einen Niedergang sieht der Krawatten-Spezialist mit Standort Zürich-Oerlikon nicht. «Glauben Sie: Die Krawatte wird es immer geben. Andere Accessoires können die Krawatte ersetzen, werden aber nie den gleichen Stellenwert haben.»

Politiker und Banker verzichten auf Krawattenpflicht

Der schmale Streifen mache nach wie vor den «kleinen Unterschied» und werde geschätzt. Der Textilliebhaber liefert eine Erklärung für den Bedeutungsverlust: «Die klassischen Krawattenträger wie Bankmitarbeiter oder Politiker präsentieren sich vermehrt ohne Krawatte in der Öffentlichkeit.»

Selbst Sergio Ermotti trägt nur noch zu den allerwichtigsten Terminen Krawatte. Etwa, als er zum neuen UBS-Chef ernannt wurde. Seither sieht man ihn regelmässig ohne.

Diese Erfahrung teilt die Knigge-Expertin Susanne Abplanalp aus Zürich. Sie führt ihr eigenes Unternehmen «Knigge Today». Sie berät in Knigge Kursen unter anderem die Lernenden der Raiffeisen Bank in Sachen angemessener Kleidung.

Sie sagt: «Die meisten Banken haben keine Krawattenpflicht mehr. Die Mitarbeiter dürfen bei Kundenmeetings und in Beratungsgesprächen selbst entscheiden, ob sie eine tragen möchten oder nicht.» Man sehe jedoch weiterhin Schlips in den Banken, einzelne hätten für Schalterbeamte noch eine Pflicht.

Generell habe sich in den letzten Jahren ein Wandel vollzogen. Der Kleidungsstil sei lockerer geworden. Unter anderem habe die Coronapandemie dazu beigetragen.

«Im Homeoffice konnten die Mitarbeitenden ein bequemes Outfit tragen. Dieser Trend hält an und wird in die Büroräumlichkeiten getragen.» Ganz in Trainingsklamotten ist aber ein No-Go. Bei den meisten offiziellen Anlässen sind die klassischen Anzüge zudem noch immer Pflicht – mit oder ohne Krawatte.

Blauer Anzug mit weissem Hemd zu langweilig

Die Entwicklung in die andere Richtung zeigen Modezeitschriften. «In Magazinen taucht die Krawatte wieder vermehrt auf. Es kann also gut sein, dass das Modeaccessoire gerade ein Revival erlebt», so die Knigge-Expertin weiter.

Mann setzt auf Hosenträger
Statt Krawatte wieder im Trend: Hosenträger wie aus den 1960er-Jahren. Allerdings in vielfältigeren Variationen und gerne mit Fliege. - Pexels

«Den meisten ist ein blauer Herrenanzug mit weissem Hemd schlicht zu langweilig. Da tut ein bisschen Farbe gut.» Eine Krawatte betone genauso wie ein Stecktuch (Pochette) in der Brusttasche die persönliche Note eines Outfits.

Auch die Bachmann Krawatten AG kann ein Lied davon singen. Bei ihnen ist die Fliege in Mode gekommen, dies gerne in Kombination mit einer Pochette in der Brusttasche. «Dasselbe gilt auch für den Hosenträger wie in den 1960er-Jahren.» Die neue Trendfarbe sei Grün.

Bezüglich Wandel der Krawatten an sich lässt sich sagen, dass die Breite beispielsweise ständige Anpassungen erfährt. «Derzeit sind Breiten über 7,5 Zentimeter nicht in Mode. Früher waren die Krawatten teilweise bis zu 10 Zentimeter breit.»

Streifen hätten zudem einen schweren Stand, wobei auch weltweit bekannte Designer gerade diese Musterung wieder aufkommen sehen. Vintage-Look sei angesagt.

Aber wie sehen die Verkaufszahlen aus?

«Der Absatz der Krawatte ist im Fachhandel wieder gestiegen. In unsicheren Zeiten unterstreicht das schmale Stück die Seriosität und Kompetenz des Trägers. Er erhält dadurch einen wichtigen Stellenwert», so Bachmann.

Bei Galauniformen des öffentlichen Dienstes wie Polizei oder Militär sei die Krawatte zudem Pflicht. Und: Corporate Fashion wie Krawatten und Foulards seien bei Firmen noch immer beliebt, als Erkennung und Erscheinungsbild. Will heissen: in den Firmenfarben und mit Firmenlogo.

Die Modekette PKZ, die im Sortiment Krawatten führt, betont ebenfalls, dass von Aussterben keine Rede sein kann: «Ganz im Gegenteil. Im letzten Jahr hatten wir im Bereich Krawatten ein Wachstum von elf Prozent.» Das sagt Konrad von Niederhäusern, Leiter Verkauf.

Auch einen Generationen-Gap könne er nicht bestätigen. «Je nach Outfit wird die Krawatte auch von jüngeren Männern nach wie vor gerne getragen.»

Kommentare

User #6356 (nicht angemeldet)

Die Krawatte ist wohl das sinnloseste Kleidungsstück das es zur Zeit gibt, abschaffen!

User #3497 (nicht angemeldet)

Für 14 Millionen würde ich diesen Job sicher nicht machen

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