Satanismus-Vorwürfe gegen Thurgauer Psychiatrie-Privatklinik
Eine Thurgauer Psychiatrie-Privatklinik soll bei der Behandlung satanistische Verschwörungstheorien angewendet haben. Der Kanton reagiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Gegen eine Psychiatrie-Klinik im Thurgau werden Satanismus-Vorwürfe erhoben.
- Bei der Behandlung sollen satanistische Verschwörungstheorien angewendet worden sein.
- Der Kanton Thurgau hat nach Untersuchung aufsichtsrechtliche Massnahmen eingeleitet.
In der Thurgauer Privatklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Clienia Littenheid sollen satanistische Verschwörungstheorien bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten eine Rolle gespielt haben. Nun liegt ein Untersuchungsbericht vor. Der Kanton hat aufsichtsrechtliche Massnahmen eingeleitet.
Experten seien zum Schluss gekommen, dass die Verschwörungserzählung «rituelle Gewalt/Mind Control» in den Traumatherapie-Stationen der Klinik ein Thema war, schreibt das kantonale Departement für Finanzen und Soziales in einer Mitteilung vom Freitag. Das Departement habe die «erforderlichen Massnahmen» eingeleitet.
Kultur der beiden Traumastationen beeinflusst
Vor allem einer der Ärzte soll «ein besonderes Interesse am Thema rituelle Gewalt und Mind Control entwickelt und die Kultur der beiden Traumastationen beeinflusst» haben. Er habe beispielsweise Weiterbildungen zu dem Thema organisiert.
Daran habe ein beachtlicher Teil der Belegschaft der Traumatherapie-Stationen teilgenommen und sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Verschwörungserzählung «rituelle Gewalt/Mind Contol» sei nicht nur in die Therapie eines einzelnen Arztes, sondern in weite Teil der Behandlungen eingeflossen.
Im Untersuchungsbericht wird auch Kritik an der Klinikleitung geäussert: So sei die Klinik nach Bekanntwerden der Vorwürfe «bei deren Aufarbeitung nicht sorgfältig» vorgegangen. Im Dezember 2021 hatte SRF in einem Online-Format die Dokumentation «Der Teufel mitten unter uns – Satanic Panic» augestrahlt.
Im Anschluss daran reichte eine Privatperson gegen die Klinik Clienia Littenheid und einen ihrer Ärzte eine Aufsichtsbeschwerde beim Kanton Thurgau ein. Ausserdem meldeten sich verschiedene Personen beim kantonalen Amt für Gesundheit und nahmen Bezug auf die SRF-Dokumentation.
Der Kanton leitete Abklärungen ein und zog eine auf Untersuchungen spezialisierte Anwaltskanzlei bei. Diese wiederum stützte sich bei der Erarbeitung des Untersuchungsberichts auf mehrere externe Experten. Dieser Untersuchungsbericht liegt nun vor, wie der Kanton informierte.
Arzt verliert Berufsausübungsbewilligung
Der Bericht enthält neun Empfehlungen zur Klärung und Aufarbeitung. So soll die Klinik prüfen, ob die Verschwörungstheorie Eingang in die Patientenakten fand. Gegebenenfalls brauche es eine Überprüfung der Diagnosen und Therapien aller betroffenen Patientendossiers. Angeregt wird die Einrichtung einer unabhängigen Meldestelle.
Der Kanton hat sich bei seinen aufsichtsrechtlichen Massnahmen an diesen Empfehlungen orientiert. «Zudem werden die Berufsausübungsbewilligung eines Arztes entzogen, ein disziplinarischer Verweis und diverse Bussen ausgesprochen», heisst es. Auch seien Strafanzeigen eingereicht worden. Die aufsichtsrechtlichen Massnahmen seien noch nicht rechtskräftig.