SBB: Neue Arbeitstische in 1.-Klasse-Wagen spalten Pendler
Im Zug arbeiten? Vor allem in der 1. Klasse beliebt. Dort gibts nun auch seitliche Arbeitstische. Ein «datenschutztechnischer Albtraum», finden einige Pendler.

Das Wichtigste in Kürze
- Mehrere IC2000-Züge der SBB verfügen über eine Business-Zone mit neuen Arbeitstischen.
- Dass diese seitlich platziert sind, sehen viele Pendler wegen des Datenschutzes kritisch.
- Die SBB erklärt: Wo die Tische angeordnet sind, gibt es keinen Durchgang.
Noch schnell einige E-Mails bearbeiten oder sogar ein Meeting abhalten. Im Zug zu arbeiten, ist für viele Pendlerinnen und Pendler unabdingbar geworden.
Vor allem die 1.-Klasse-Abteile werden oft zu fahrenden Büros. Dort gibt es nun in der Business-Zone Arbeitstische, die seitlich mit direktem Blick zum Fenster platziert sind.
Doch diese stossen nicht bei allen Pendlern auf Begeisterung.
Die einen loben die Tische der SBB auf LinkedIn als «fantastisch» und mit einer «tollen Perspektive». Andere wiederum finden, die Idee sei zwar gut, aber «die Umsetzung mangelhaft».
«Damit auch bestimmt jeder beim Vorbeigehen in den Laptop schauen darf», so ein Kommentar.
Die Anordnung der Sitze sei «im Rahmen des Datenschutzes fragwürdig» oder gar ein «datenschutztechnischer Albtraum», finden weitere LinkedIn-User. Da bringe auch eine Bildschirm-Folie nichts.
Sind die Plätze also eine Gefahr wegen neugierigen Gaffern?
SBB: «Kein Durchgang»
Dem entgegnet die SBB: «Die erwähnten Arbeitstische in der 1. Klasse befinden sich in der Regel im Oberdeck der Wagen, die direkt hinter der Lokomotive angeordnet sind. Hier gibt es keinen Durchgang», erläutert Mediensprecherin Mara Zehnhäusern auf Anfrage.
Neugierige Blicke von durchlaufenden Pendlern gibts also nicht.
Aber klar: Die Privatsphäre könne in einem Zug selbstredend nicht gleichermassen gewährleistet werden wie im eigenen Büro.
«Daher liegt es in der Verantwortung der Reisenden, geeignete Massnahmen zu ergreifen, um sensible Arbeiten sicher durchzuführen», so Zehnhäusern.
Auch Daniel Sommer, Präsident der Interessengemeinschaft öffentlicher Verkehr Zürich (IGöV), sieht bezüglich Datenschutz die Verantwortung «eindeutig» bei den Pendlern.
«Gleiches gilt ja auch, wenn man in einem Restaurant, an einer Tagung oder in einem Parlament den Laptop benutzt.»
Es mache sicher Sinn, solche Arbeitsplätze am Ende einer Zugformation zu platzieren, so Sommer. Dadurch würden Störungen durch zirkulierende Passagiere reduziert.
Doch Sommer wirft gegenüber Nau.ch eine andere Problematik auf: «Mit der ‘seitlichen’ Platzierung kann es allerdings sein, dass der Kreis der Nutzenden wegen Übelkeit stärker eingeschränkt wird als beabsichtigt.»
Weniger Probleme gäbe es aus seiner Sicht wohl, wenn die Arbeitsplätze wie Flugzeugbestuhlung und in Fahrtrichtung angeordnet wären.
Doch grundsätzlich freut sich der Zürcher IGöV-Präsident über Stromanschlüsse, Pulte und Ruheabteile in den Zügen. Da dies den Kreis der ÖV-Benutzer stets erweitere.
Die Business-Zone mit den neuen Arbeitstischen ist gemäss SBB auf verschiedenen Strecken verfügbar, auf denen die IC2000-Züge eingesetzt werden. Wie zum Beispiel zwischen Basel, Bern, Brig, Interlaken Ost, Romanshorn, Zürich Hauptbahnhof, Lausanne und Genf Flughafen.