Seit dem ersten Schnee stürmen Wintersportler die Gipfel fernab der Lifte – doch wie stark hängt dieser Trend mit den Corona-Regeln in den Skigebieten zusammen?
Skitour
Zwei Personen sind unterwegs auf einer Skitour. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ski- und Bergtouren erleben seit einigen Jahren einen Boom.
  • Die neuen Corona-Regeln auf Pisten und Bahnen schrecken viele ab.
  • Die Sorge vor unerfahrenen Berggängern steigt.
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Der Wintersport abseits der Piste hat in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Immer mehr Schnee-Begeisterte wagen sich fernab der Loipen und Pisten auf Ski- und Bergtouren. Oder bestaunen mit den Schneeschuhen die weisse Landschaft.

Doch so einsam und ruhig man sich die Berge vorstellt, sind sie besonders auf leichteren Touren längst nicht mehr. An einem Sonntag mit guten Schneeverhältnissen und geringer Lawinengefahr bildet sich immer häufiger in der Aufstiegsspur eine Menschenkolonne.

Dieser Hype ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum Beispiel werden durch Social Media immer mehr Menschen auf die Ruhe abseits des Rummels aufmerksam.

Skitour
Ein Skitourengänger in den Schweizer Bergen. - Keystone

In diesem Jahr gibt es allerdings noch einen weiteren Punkt, welcher enorm viele Wintersportler aus den Menschenmengen treibt: die Corona-Pandemie. So war am letzten Wochenende der Andrang, welchem viele eigentlich entkommen wollten, auch neben der Piste deutlich spürbar.

Dass längst nicht alle Erfahrung und ein gewisses Können mitbringen, war deutlich zu erkennen. Skifelle waren trotz des trockenen Schnees nach wenigen Metern mit Stollen bedeckt und die Aufstiegsspur wurde von pausierenden Wintersportlern versperrt.

Anfänger bleiben in der ersten Spitzkehre stecken

Auch die Bündner Fachhochschuldozentin Marina Battaglia beobachtete einen Ansturm. Auf Twitter hält sie die Gemeinschaft über das Treiben vor ihrem Haus auf dem aktuellen Stand. Während die Pisteler Schlange stehen, machen sich auf der anderen Talseite die Skitüreler bereit für eine Tour.

Einige Minuten später kommentiert sie erneut: «Jemand, der es nicht einmal schafft, die Skis anzuziehen und bei der ersten Spitzkehre selbige ausziehen muss, würde ich jetzt nicht als erfahren bezeichnen. Mehr als die Hälfte ist aber so unterwegs.»

Der nächste Corona-Trend ist in der Schweiz deutlich angekommen. Doch welche Gefahren bringt dies mit sich, wenn sich unerfahren Personen ins Gebirge begeben? Das Wetter schlägt in einem Moment um und Lawinen sind schneller ausgelöst als man denkt. Zudem ist der Weg in der verschneiten Landschaft nicht immer offensichtlich.

Lawine
Abrissstelle einer Lawine am Aeschihorn bei Zermatt. Dabei wurden im Jahr 2014 drei erfahrene Berggänger verschüttet. - Keystone

Dass das Unfallrisiko bei einem solchen Anfänger-Ansturm erhöht wird, ist anzunehmen. Und damit rechnen wohl auch die Institutionen.

Verschiedenste Vereine sollen demnach intensiv an der Sensibilisierung der Bergsportler für alpine Gefahren arbeiten. Dies bestätigt der Schweizer Alpen-Club SAC gegenüber Nau.ch.

SAC-Ausbildungsprogramm erfreut sich grosser Beliebtheit

Wie der SAC berichtet, waren bereits in der Saison 2019/20 sehr viele Wintersportler mit den Tourenski unterwegs. Gemäss Christian Andermatt, Fachleiter Ausbildung Winter, hing dies damals mit den sehr guten Schneeverhältnissen zusammen. Aber auch die Schliessung von Skigebieten bei der ersten Corona-Welle hatte einen Einfluss.

Wie sich der Ski- und Bergtouren-Trend aufgrund der neuen Corona-Regeln verändern wird, könne jetzt noch nicht gesagt werden, so Andermatt. Der Boom im Bergsport allgemein sei allerdings spürbar und auch das SAC-Ausbildungsangebot erfreue sich grosser Beliebtheit.

SAC
Zwei Bergtourengänger auf dem Rimpfischhorn. - Instagram/@schweizeralpenclub

Die Annahme, dass durch die vielen Einsteiger mehr Notsituationen im Gebirge verzeichnet werden, kann der SAC bisher nicht bestätigen. «Im Allgemeinen sind die Bergsportler gut ausgerüstet und ausgebildet. Notsituationen hat es immer gegeben, das hängt viel auch mit den Verhältnissen zusammen.»

Der SAC macht allerdings darauf aufmerksam, dass eine gute Ausbildung wichtig ist, damit man sich nicht in unnötige Gefahren begibt. «Ebenso wird der Druck auf die Natur immer grösser. Neben dem Risiko-Management ist es ebenso wichtig, Schutzgebiete zu kennen und zu respektieren», mahnt Andermatt.

Sportgeschäfte spürten Corona-Trend bereits im September

Nau.ch hat auch bei Bächli Bergsport nachgefragt, ob eine Veränderung im Touren-Material-Verkauf stattfand. Marketingleiter Jan Maurer bestätigt, dass das Skitouren-Material eine erhöhte Nachfrage verzeichnet. Diese habe sich in diesem Jahr sogar bereits im September spürbar gemacht und sei dann mit dem ersten Schnee zusätzlich angekurbelt worden.

Für Maurer ist klar, dass die aktuellen Covid-Massnahmen bei den Bergbahnen ein Grund für die erhöhte Nachfrage sind.

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Skitourengänger auf einem Gipfel. (Symbolbild) - Keystone

Und auch die Berger Schuhe & Sport AG gibt auf Anfrage an, in diesem Jahr besonders viel Skitouren-Material zu verkaufen. Der Verkauf des Pisten-Materials kam hingegen erst ins Rollen, als klar war, dass die Skilifte offen bleiben.

Bruno Rindlisbacher von Berger Sport erklärt sich den Boom damit, dass die Menschen Abwechslung brauchen. Gerade in der aktuellen Situation sei der Drang, sich in der Natur zu bewegen, nichts als logisch.

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