Schweiz wegen altem Recht zu Wehrpflichtersatz verurteilt
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Schweizer wurde für untauglich erklärt und sollte Wehrpflichtersatz leisten.
- Das ist laut Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) diskriminierend.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Schweiz ein weiteres Mal im Zusammenhang mit dem Wehrpflichtersatz verurteilt. Ein Mann mit einer leichten, gesundheitlichen Einschränkung wurde für untauglich erklärt und sollte Wehrpflichtersatz leisten. Das ist laut EGMR diskriminierend.
Der EGMR kommt in einem am Dienstag veröffentlichten Entscheid zum Schluss, dass dieser Fall gleich gelagert ist wie der Fall Glor im Jahr 2009. Vorliegend seien das Diskriminierungsverbot sowie das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt worden. Glor sollte damals Wehrpflichtersatz leisten, weil er aufgrund einer Diabetes-Erkrankung für untauglich erklärt worden war. Der Mann wollte aber ausdrücklich Militärdienst leisten.
Diesen Wunsch soll der Betroffene im aktuellen Fall nicht geäussert haben, schreibt der EGMR. Dies sei jedoch kein Argument, das für eine Ersatzpflicht spreche. Der unterdessen 38-Jährige werde im Vergleich zu Personen mit einem schweren Handicap diskriminiert. Ebenso gegenüber Personen, die sich für den Zivildienst entscheiden würden.
Schweizer Gesetzgebung mittlerweile angepasst
Die Tauglichkeit für den Zivilschutz stelle keine valable Alternative dar, schreibt der EGMR weiter. Wer Zivilschutz absolviert, muss weniger Wehrpflichtersatz zahlen. Allerdings besteht kein Anspruch darauf, solche Diensttage zu leisten.
Der Gerichtshof berücksichtigt in seinem Urteil, dass die Schweizer Gesetzgebung als Folge des Falls Glor angepasst wurde. So können unterdessen Personen trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung für den Militärdienst eingeteilt werden. Sie erhalten besondere Funktionen mit Auflagen.
Da der aktuelle Fall noch unter der früheren Gesetzgebung entschieden wurde, hatte auch der Gerichtshof ihn unter diesem Blickwinkel zu beurteilen. (Urteil 23404/13 vom 12.1.2021)