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Schweizer tötete brasilianische Frau: Gericht entlässt ihn aus Haft

Gabriela Battaglia
Gabriela Battaglia

Fribourg,

Claude M. (55) schüttelte seine brasilianische Ehefrau bei einem Streit tot. Das Gericht in Freiburg fällte heute ein spektakuläres Urteil.

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Claude M. und seine brasilianische Ehefrau Ana F. in besseren Zeiten. - privat

Das Wichtigste in Kürze

  • Claude M. (55) tötete seine brasilianische Ehefrau bei einem heftigen Streit.
  • Der Schweizer wurde von der Mord-Anklage freigesprochen.
  • Das Gericht sprach Claude M. aber des sexuellen Missbrauchs von Kindern schuldig.
  • Wegen Überhaft ist Claude M. ein freier Mann.

Claude M*. (55) und Ana F*. (†41) waren nicht mal ein Jahr verheiratet, als es zur tödlichen Tragödie kam. Nach einem Tag voller Alkohol geriet das betrunkene Paar im September 2019 in seiner Wohnung in Bulle FR in einen heftigen Streit.

Claude M. packte dabei seine Frau so fest, dass sie an einem Schüttel-Trauma starb. Ein äusserst seltenes Phänomen bei Erwachsenen. Claude M. rief selber viermal den Notruf.

Diese Woche stand Claude M. vor Gericht in Freiburg. Er war des Mordes angeklagt. Der Staatsanwalt forderte sieben Jahre Gefängnis wegen Mordes.

Der Verteidiger von Claude M. verlangte einen Freispruch. Claude M. habe in Notwehr gehandelt, als seine Frau ihn mit einem Messer angriff. «Ich habe nicht gewusst, dass man jemanden mit Schütteln töten kann», sagte Claude M. am Prozess.

Niederlage für Ankläger

Heute nun hat das Gericht sein Urteil verkündet. Es ist eine Riesen-Überraschung und eine heftige Klatsche für den Staatsanwalt: Claude M. wurde vom Vorwurf des Mordes und der fahrlässigen Tötung seiner Ehefrau freigesprochen.

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Das Opfer: Ana F. aus Brasilien starb an einem Schütteltrauma. - privat

Claude M. wurde nur wegen einfacher Körperverletzung schuldig gesprochen. Er habe nicht wissen können, dass er seine Frau töte, wenn er sie heftig schüttle, sagte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung.

Schuldig wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes

Die zweite Überraschung im heutigen Urteil: Claude M. wurde des sexuellen Missbrauchs mit Kindern schuldig gesprochen. Claude M. missbrauchte demnach 2008 die damals 11-jährige Tochter eines Bekannten sexuell.

Das Opfer erkannte seinen Peiniger nach eigenen Angaben wieder, nachdem Fotos von ihm wegen des Falles in Bulle 2019 im Internet aufgetaucht waren.

«Ich kenne diese Person nicht», sagte Claude M. am Prozess zu der jungen Frau, die unter Tränen Fragen der Richterin beantwortete.

Haftststrafe längst abgesessen

Claude M. kassierte für die einfache Körperverletzung und den sexuellen Missbrauch sieben Monate Haft unbedingt. Diese hat er längst abgesessen: Claude M. sitzt seit der fatalen Nacht am 14. September 2019 im Knast.

Wegen der Überhaft sprach das Gericht Claude M. eine Entschädigung von 91'000 Franken zu, 150 Franken für jeden Tag, den er zu Unrecht im Gefängnis sass. Wegen Persönlichkeitsverletzung erhält Claude M. zudem 2000 Franken als Genugtuung. Sein Anwalt hatte dies geltend gemacht, weil Claude M. in brasilianischen Medien vorverurteilt wurde.

Im obersten Stock dieses Gebäudes in Freiburg fand der Prozess gegen Claude M. statt. - Nau.ch

Der jungen Frau, die Claude M. vor 13 Jahren nach Ansicht des Gerichts sexuell missbrauchte, muss er 3000 Franken Genugtuung bezahlen.

Staatsanwalt rekurriert

Der Staatsanwalt kündigte noch im Gerichtsaal an, gegen das Urteil zu rekurrieren. Trotzdem verzichtete der Ankläger auf eine Haftverlängerung von Claude M.

Dieser wurde dann nochmals ins Gefängnis in Freiburg gebracht, um seine Zelle zu räumen. Claude M. ist also seit heute wieder ein freier Mann.

Ana F. hatte bei ihrem Tod 2,55 Alkohol-Promille intus. Sie prostituierte sich am Tattag und hatte Sex gegen Bezahlung mit einem Stammgast eines brasilianischen Essensstands in Bulle. Auch Claude M. war am Tattag betrunken.

*Namen geändert

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