Seit Corona drehen Flugpassagiere durch
Seit Corona gibt es mehr aggressive und betrunkene Fluggäste. Experten vermuten einen gesamtgesellschaftlichen Wandel dahinter.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit Corona gibt es mehr Berichte über aggressive und unkooperative Flugpassagiere.
- Ein Experte vermutet, dass es gesamtgesellschaftlich Verhaltensänderungen gab.
- Auch die «Entmenschlichung» des Fliegens könnte dahinterstecken.
Vor der Pandemie stiegen laut der International Air Transport Agency und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit die Fälle widerspenstiger Passagiere. Trunkenheit und aggressives Verhalten wurden immer häufiger.
In der Pandemie verzeichnete die Federal Aviation Authority (FAA) in den USA ein «Rekordhoch», wie CNN berichtet. 2021 wurden 5981 Fälle von den Airlines gemeldet, die grosse Mehrheit hatte etwas mit der Maskenpflicht zu tun. Experten vermuteten – und hofften – deswegen, dass es ein Ausrutscher sei. Nach der Pandemie werde es wieder besser, so die grosse Hoffnung.
Doch daraus wurde nichts: Laut der FAA sind die Zahlen zwar leicht zurückgegangen. Sie bewegen sich aber immer noch über dem Niveau von vor der Pandemie. Corona sei «ein Wendepunkt» gewesen, sagt ein ehemaliger Flugbegleiter zu CNN. Doch was sind die Gründe dafür?
John Franklin, Leiter der Sicherheitsförderung der EASA, vermutet einen Zusammenhang mit Verhaltensänderungen in der Gesellschaft im Allgemeinen. «Die Zunahme des ungebührlichen Verhaltens von Flugpassagieren entspricht dem, was die Polizei seit Corona in der Gesellschaft beobachtet.»
2023 machten Touristen auch mit schlechtem Verhalten aufmerksam, Denkmäler und historische Gebäude wurden teils mutwillig beschädigt. Die britische Künstlergewerkschaft Bectur berichtet von einer Zunahme «extremen antisozialen Verhaltens» bei Kinobesuchern.
Entlassungen während Corona wohl mit Einfluss
Flugbegleiter Kris Major vermutet, dass auch der Stellenabbau in der Pandemie einen Einfluss gehabt haben könnte. Viele Airlines entliessen unzählige Flugbegleiter und konnten sie danach kaum mehr ersetzen. Dadurch komme es zu mehr Verspätungen und Ausfällen, was den Stresslevel erhöhe.
Gleichzeitig sei es für das neuere Personal schwieriger, potentiell störende Passagiere frühzeitig auszumachen. Und auch der Umgang mit aggressiven Fluggästen brauche viel Erfahrung.
Aggressive Passagiere können hohe Bussen erhalten
Flugsicherheits-Experte Philip Baum glaubt, dass die «Entmenschlichung» des Fliegens einen Effekt habe. Oft kommt es beim Buchen, Einchecken und Abgeben des Gepäcks zu kaum Kontakt mit einem Menschen. Die Flugbegleiter seien dann die ersten Vertreter der Airline, die die Passagiere sehen. Und an ihnen würden viele den Frust rauslassen.
Doch unanständiges oder aggressives Verhalten kann einen Passagier teuer zu stehen kommen. Einerseits haben Airlines die Möglichkeit, solche Personen in Zukunft nicht mehr zu transportieren. Andererseits können sie in den USA mit Bussen von bis zu 37'000 Dollar bestraft werden.