Stadtfüchse sorgen für Stunk – Jäger greifen ein
Füchse sorgen in Städten für Abfall-Ärger. Kranke oder zu zutrauliche Tiere werden abgeschossen. Doch hauptverantwortlich für die Konflikte ist der Mensch.
Das Wichtigste in Kürze
- In Dübendorf ZH kam es in der Vergangenheit zu vielen Konflikten mit Füchsen.
- Die Gemeinde liess Tiere abschiessen, um einen gesunden Bestand zu erreichen.
- In den meisten Städten werden Füchse nur erlegt, wenn sie krank oder verletzt sind.
- Fachleute betonen, dass vor allem Menschen ihr Verhalten ändern müssen.
Füchse gehören spätestens seit den 1990er-Jahren zum festen Schweizer Stadtbild. In Zürich etwa bewegte sich die Zahl der ausgewachsenen Tiere in den letzten zehn Jahren zwischen 600 und 1200.
Meister Reineke polarisiert indes wie kaum ein anderes Wildtier im Siedlungsraum: Während sich die einen über seinen Besuch im heimischen Garten freuen, beklagen andere Schäden oder befürchten die Verbreitung von Krankheiten.
Dübendorf: Tote Hühner und aufgerissene Müllsäcke
In Dübendorf ZH erreichten die Konflikte zwischen Mensch und Fuchs zwischenzeitlich ein Ausmass, das ein friedliches Miteinander verunmöglichte.
Wie der «Glattaler» berichtet, gab es ab 2018 zunehmend Meldungen über getötete Hühner, aufgerissene Abfallsäcke und Kot im Garten. Ein Bewohner sei gar an der Fuchsräude erkrankt.
Die Gemeinde reagierte und setzte ab 2019 die örtliche Jagdgesellschaft auf die rotpelzigen Tunichtgute an.
Die Massnahme zeigte Wirkung: Durch den Abschuss vorwiegend kranker Tiere habe man «wieder einen gesunden Fuchsbestand erreicht», erklärte ein Jäger gegenüber dem Lokalblatt.
Wie die Stadt Dübendorf gegenüber Nau.ch mitteilt, hatte sich die Räude wegen der hohen Fuchsdichte stark ausgebreitet.
«Mindestens ein Drittel der Füchse erkrankte und viele starben nach mehreren qualvollen Wochen», sagt Rico Roffler, Leiter Behördendienste. Auch deshalb seien zahlreiche Meldungen aus der Bevölkerung eingegangen.
Abschüsse zur Bestandsregulierung sind Schüsse in den Ofen
Dass Füchse neben der regulären Jagd in Wald und Feld auch im Siedlungsgebiet erlegt werden, mag erstaunen. Es kommt aber auch in anderen Städten ab und an vor.
In St. Gallen erfolgen jährlich zwischen 10 und 15 Abschüsse. Jedoch nicht um den Bestand zu verringern, wie Peter Baumann, Tierschutzbeauftragter bei der Kantonspolizei, betont.
Vielmehr handle es sich um Füchse, «die an einer Krankheit gelitten haben oder bei einem Verkehrsunfall stark verletzt wurden».
Dieselbe Praxis verfolgen Bern, Zürich und Luzern: Abschüsse erfolgten bei kranken, verletzten, zu zahmen oder aggressiven Tieren – nicht aber zur Bestandsregulierung, heisst es unisono.
Letzteres sei ohnehin nicht möglich, sagt Markus Gamper von Grün Stadt Zürich: «Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Füchse nach jagdlichen Eingriffen mit höheren Geburtenraten kompensieren.»
«Wir müssen sie dort erlegen, wo sie herumschleichen»
Wie aber muss man sich die Jagd auf räudige Stadtfüchse vorstellen? Fliegen da mitten im Wohnviertel die Kugeln?
Peter Baumann von der Kapo St. Gallen sagt, das Einfangen von Füchsen sei zuweilen ein Ding der Unmöglichkeit. So seien an der Räude erkrankte Tiere noch immer sehr schnell auf den Beinen. «Deshalb müssen wir sie dort erlegen, wo sie herumschleichen.»
Weil die Kernzone der Stadt St. Gallen ein Nichtjagdgebiet ist, erledigen nicht Jäger diesen Job, sondern die Polizei.
«Natürlich schiessen wir nicht auf einen Fuchs, wenn er gerade an einer Terrasse vorbeigeht», so Baumann weiter.
Stattdessen werde versucht, das Tier aus dem unmittelbaren Bereich der Wohnhäuser zu vertreiben. «Wir locken es beispielsweise mit Futter an einen Wiesenhang.» Dort könne der Abschuss ohne Gefährdung von Personen erfolgen.
Spezielle Munition zur Vermeidung von Abprallern
Was aber, wenn weit und breit kein Grün in Sicht ist?
In solchen Fällen verwende die Polizei spezielle Munition, die beim Aufprall auf hartem Untergrund zerstäubt.
«Befindet sich ein kranker Fuchs beispielsweise in einer Parkgarage, können wir nicht mit normaler Munition auf ihn schiessen. Das wäre wegen der möglichen Abpraller zu gefährlich», erklärt Baumann.
Luzern und Dübendorf: Wenig Abschüsse im Wohngebiet
Andere Städte und Kantone geben sich zurückhaltender, was die Abschüsse im Wohngebiet anbelangt.
Zwar komme es hin und wieder vor, dass Füchse eingefangen und danach mit einem Fangschuss erlegt werden, sagt Christian Hüsler. Er ist Fachbereichsleiter Jagd und Wildhüter beim Kanton Luzern.
Dies sei dann der Fall, wenn es zu grossen Konflikten mit der Bevölkerung komme.
Direkt im Siedlungsraum geschossen würden Füchse aber kaum – «wegen der Störung und Gefährdung von Drittpersonen oder Infrastrukturen.»
In Dübendorf würden die Füchse meist am Stadtrand erlegt, sagt Rico Roffler. «Abschüsse unmittelbar im Wohngebiet finden nur bei Tieren statt, die nicht mehr fluchtfähig sind aufgrund von Verletzung oder Krankheit.»
Der Mensch muss sich ändern, nicht der Fuchs
Die Fachleute sind sich einig: In den meisten Fällen beruhen Konflikte mit Füchsen im Siedlungsraum auf Fehlverhalten der Bevölkerung.
Durch unerlaubte Fütterungen, frühzeitig herausgestellte Abfallsäcke oder Essensreste auf dem Kompost verlieren die Tiere ihre natürliche Scheu vor dem Menschen. Sie lernen, dass es bei ihm etwas zu holen gibt – wodurch Konflikte vorprogrammiert sind.
Für Christian Hüsler ist klar: «In solchen Fällen muss das Fehlverhalten der Bevölkerung korrigiert und nicht der Fuchs gefangen werden. Ansonsten wird der Konflikt nicht nachhaltig gelöst.»