Swissmedic bremst Euphorie – Zulassung «vielleicht im Januar»
Die Bevölkerung wartet sehnsüchtig auf die Zulassung eines Corona-Impfstoffes. Auf einmal steht eine Behörde im Rampenlicht, die sich das nicht gewöhnt ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Januar soll der Impfstoff bereit sein: Dies fordern Alain Berset und Virginie Masserey.
- Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic drückt nun auf die Euphoriebremse.
- Die Zulassung erfolge «vielleicht im Januar», sagt Swissmedic-Sprecher Lukas Jaggi.
Im Januar soll der Startschuss für grossangelegte Corona-Impfungen fallen: Diese Botschaft teilte Gesundheitsminister Alain Berset an einer Medienkonferenz im November unmissverständlich mit.
BAG-Expertin Virginie Masserey bläst wenige Wochen später ins selbe Horn. «Die Kantone treffen Vorbereitungen, damit es im Januar losgehen kann», sagt sie gegenüber der «NZZ am Sonntag».
Den Entscheid, wann das grosse Impfen losgeht, kann allerdings weder Bersets Bundesrat noch Massereys BAG beeinflussen. Er liegt einzig und allein in den Händen von Swissmedic. Die Zulassungs- und Kontrollbehörde prüft aktuell die verschiedenen Impfstoffe auf Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit. Und muss auf die Euphoriebremse drücken.
«Die Aussagen waren Hypothesen»
Ein erster Zulassungsentscheid sei Anfang 2021 möglich. «Vielleicht sogar im Januar», sagt der Mediensprecher Lukas Jaggi gegenüber Nau.ch. Dafür müssten «die Firmen alle notwendigen Unterlagen in der geforderten Aussagekraft rechtzeitig liefern».
Die Äusserungen von Berset und Masserey hätten die Behörde aber nicht unter Druck gesetzt. «Die Aussagen waren klar als Annahme oder ‹Hypothese› deklariert», erklärt Jaggi.
Swissmedic prüft schnell, «aber ohne Kompromisse»
Bisher hat die Zulassung eines Impfstoffes mehrere Jahre gedauert. Nun will Swissmedic die Corona-Impfstoff-Kandidaten in einem historisch beispiellosen Verfahren in weniger als einem halben Jahr genehmigen.
Das Argument, dass dabei die Sicherheit zu kurz komme, kann Jaggi entkräften. «Bei der Entwicklung von Arzneimitteln fallen schwerwiegende Sicherheitsbedenken früh auf. Impfstoffe mit grossen Sicherheitsmängeln hätten es gar nicht so weit gebracht.» Zudem stützten sich auch die neuen mRNA-Technologien, auf welchen zwei Impfstoffe basieren, auf 20 Jahren wissenschaftlicher Grundlagenforschung.
Eine Zulassung ohne ausreichende klinische Daten sei ohnehin nicht mit der Patientensicherheit vereinbar. «Wir wollen vor allem mit unserer sorgfältigen, breit abgestützten Prüfung Vertrauen schaffen.»
Swissmedic nimmt Abkürzung
Dass dies zurzeit nötig ist, zeigt die letzte Umfrage der Forschungsstelle Sotomo. Rund die Hälfte der Schweizer Bevölkerung würde sich zu diesem Zeitpunkt nicht impfen lassen. «Eine Akzeptanz, auch bei Impfskeptikern, setzt Vertrauen in unsere Tätigkeit voraus», sagt Jaggi. «Deshalb prüft Swissmedic schnell, aber ohne Kompromisse bei Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität zu machen.»
Dies soll mittels Rolling-Submission-Verfahren gelingen. Mit dieser Verfahrensweise verkürzt Swissmedic die Zeit zwischen Einreichung des Gesuches und der Zulassung drastisch. Dabei können die Firmen nach und nach die nötigen Dokumente einreichen, und bereits von der Heilmittelbehörde überprüfen lassen.
«Schutz der Bevölkerung hat oberste Priorität»
«Sobald die Gesuchsteller genügend Daten eingereicht haben, kann ein erster Nutzen-Risiko-Entscheid gefällt und eine Zulassung, allenfalls unter Auflagen, erteilt werden.» Jaggi spricht damit eine befristete Zulassung an. Nebst einer regulären Zulassung kann Swissmedic eine solche aussprechen – sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind.
Das heisst, dass die Firmen innerhalb eines gewissen Zeitraums die nötigen Daten nachliefern müssten, bevor die Zulassung abläuft. Meist ist es ein Zeitraum von zwei Jahren.
Welche Zulassung und Einschränkungen für welchen Kandidaten gelten, wird erst in ein paar Wochen geklärt sein. Sicher ist, dass Swissmedic keinen Impfstoff einfach durchwinkt. Denn: «Der Schutz der Bevölkerung hat oberste Priorität.»