Tierrechtsdebatte: Schweizer Legehennen sterben für Eierproduktion
Das Wichtigste in Kürze
- Legehennen werden im Alter von einem Jahr getötet.
- Die Nachfrage nach Suppenhuhn-Fleisch ist stagniert.
- Die Vereinbarkeit von Wirtschaftlichkeit und Tierwohl ist umstritten.
Bunte Ostereier, so weit das Auge reicht. Aber was passiert nach Ostern? Die Nachfrage sinkt – und viele Legehennen werden ausgestallt.
Zu diesem Zeitpunkt sind sie etwa ein Jahr alt. Die Stinah, Stiftung für Tiere in Not – Animal Help, rettet regelmässig todgeweihte Legehennen.
Dafür hat die Stiftung das Projekt «rettetdashuhn» ins Leben gerufen. 2018 konnte die Stinah 2357 Legehennen vor dem Tod bewahren. «Wenn die Hennen in die Mauser kommen, legen sie für ein paar Wochen keine Eier mehr. Danach nimmt die Legeleistung dauerhaft ab», erklärt Vera Junker von Stinah.
«Esst mehr Suppenhühner!»
Einige der toten Legehennen landen später als Suppenhuhn bei Migros und Coop im Kühlregal. Ein Teil der toten Tiere wird in der Charcuterie weiterverarbeitet. «Das Suppenhuhn ist leider nicht sehr marktfähig, es ist ein Nischenprodukt», sagt Willi Neuhauser, Geflügelfachmann und Präsident von GalloCircle.
Tatsächlich stagnieren die Verkaufszahlen bei Migros und Coop trotz intensivem Marketing in den letzten Jahren. Neuhauser hofft, dass sich diese Tendenz ändert. «Die Schweizer sollten mehr Suppenhühner essen – man sollte immer ans ganze Tier denken!»
Qualität lässt nach
Ob als Suppenhuhn oder Biogas – die Schweizer Legehenne stirbt nach einem Bruchteil ihrer natürlichen Lebenserwartung. «Das Huhn ist ein Nutztier und irgendwann bringt es nicht mehr die Qualität, die der Markt verlangt», so Neuhauser.
Wie der Geflügelfachmann erklärt, sollen die Legehennen in Zukunft jedoch länger am Leben bleiben. So würden die Hennen kleinere Eier legen und seien so länger «nutzbar».
Tierrechtler fordern: «Weg vom Profitdenken, hin zur Zoopolis»
Tobias Sennhauser, Präsident der Tierrechtsorganisation Tier im Fokus, sieht in dieser Denkweise keine Lösung: «Die Marktlogik ist zum Scheitern verurteilt. Solange wir Tiere als Waren betrachten, werden ihre vielfältigen Interessen stets missachtet».
Laut Sennhauser muss ein neuer Ansatz her. «Es braucht einen Paradigmenwechsel: weg vom Profitdenken der Tierindustrie, hin zur Zoopolis, einer friedlichen Koexistenz von Mensch und Tier».
«Falsche Aufklärungsarbeit» an Schulen zu Ostern
Vera Junker sieht vor allem an Schulen dringenden Handlungsbedarf. «Gerade in der Zeit vor Ostern lancieren viele Schulen Projekte, wo Kinder lernen, wie «Bibeli» schlüpfen. Was dann mit den Elterntieren passiert, wird nicht thematisiert.»
Junker selbst wurde bereits in einem solchen Fall kontaktiert: «Es kann nicht sein, dass die Tiere dann bei uns landen. Das ist falsche Aufklärungsarbeit!»
Die Schweizer Eierproduktion fordert auch den Tod von rund drei Millionen männlichen Küken pro Jahr. Direkt nach der Geburt werden sie vergast.
Der neueste Ansatz ist hier die Geschlechtsbestimmung im Ei. So könnte man das Ausbrüten der Küken verhindern. Praxisreif ist der Ansatz noch nicht.