Ukraine Krieg: Lehrer vermeiden Fragen bei Flüchtlings-Kindern
Britische Ärzte warnen, dass Kinder, die vor dem Ukraine-Krieg geflohen sind, starke Traumata davontragen könnten. Wie geht man in der Schweiz mit ihnen um?
Das Wichtigste in Kürze
- In Auffanglagern in Polen werden bei ukrainischen Kindern bereits erste Traumata erkannt.
- So zeichnen die Kinder Bomben, um das Gesehene zu verarbeiten.
- In der Schweiz gehen erste ukrainische Kinder zur Schule. Wie geht man mit ihnen um?
Im Ukraine-Krieg herrscht in der Zivilbevölkerung Panik. Die Menschen suchen Unterschlupf in Metro-Stationen, Bunkern oder Kellern. Oder sie flüchten über die Grenze nach Polen und in die übrigen europäischen Länder – zum Beispiel in die Schweiz.
Polnische Ärzte und Psychologen warnen jetzt schon vor Kriegs-Traumata – vor allem bei Kindern.
Er habe Kinder gesehen, «die erstarrten und nicht auf äussere Reize reagierten.» Das sagt Viktor Balandin, Psychologe der ukrainischen NGO Osonnya, zum «Guardian». Viele von ihnen hätten aufgehört zu sprechen, andere könnten ihre Hände oder Finger nicht bewegen.
Ukraine-Krieg: Malen und Theatertherapie soll Kindern helfen
Mit den Kindern, die die polnische Grenze überqueren, wird viel gemalt. So sollen sie die Eindrücke vom Ukraine-Krieg verarbeiten können. «Sie malen Bomben und Panzer, weil sie das mit eigenen Augen sehen», heisst es weiter.
Es sei deshalb wichtig, dass die Kinder in den Ankunftsländern therapiert würden. Doch wie geht man in der Schweiz mit dieser Verantwortung um?
«Es ist wahrscheinlich, dass ein Kind durch das Involviertsein in den Ukraine-Krieg zutiefst in seinen Beziehungen zur Aussenwelt beeinträchtigt wird.» Das sagt der Psychologe Adrian Oertli.
Traumata würden sich auf unterschiedliche Weise zeigen – zum Beispiel wiederholende Spielszenen oder eben Zeichnungen. «Am besten sorgt man dafür, dass es auch viel Raum für freies Spiel gibt. Oder eben auch dem Ausdruck durch Kunst wie Zeichnen oder Musik.»
Je jünger die Kinder, desto spielerischer müsse die Verarbeitung stattfinden. Je älter das Kind, desto eher werde auf Gespräche fokussiert.
Doch spricht man traumatisierte Kinder auf das Erlebte an? «Es ist alles eine Frage der Dosis», so Oertli.
Wichtig sei es, grundsätzliche Offenheit zu zeigen, auch über sehr belastende Dinge zu sprechen. «Die Kunst ist es oftmals, den ohnehin laufenden Prozess nicht mit unnötigen Interventionen zu boykottieren», so Oertli.
Ukraine-Kinder sollen normal am Unterricht teilnehmen
Und das ist vor allem auch für die Schulen essenziell. In Eschlikon TG besuchen seit Anfang März Kinder aus der Ukraine den Unterricht. Das funktioniert bisher recht gut.
«Sie nehmen, so gut wie es die sprachlichen Möglichkeiten zulassen, am Unterricht teil», sagt Schulleiter Thomas Minder zu Nau.ch. Während einigen Lektionen würden sie auch separate Deutschlektionen erhalten. «Wir versuchen stets, sie vollständig zu integrieren.»
Lehrer halten sich mit Fragen zum Ukraine-Krieg zurück
«Viele Kinder verarbeiten durch das Malen», so Minder – so würden sich die Traumata teils zeigen. «Andere Kinder sind niedergeschlagen oder weinen. Wieder andere haben grosse Lernblockaden.»
Prinzipiell halte man sich aber mit Fragen, die den Krieg betreffen, zurück. «Das ist die Aufgabe von Fachpersonen und keinesfalls von Lehrpersonen. Wir hören gut zu und hin und sorgen gegebenenfalls für Unterstützung.»