Ukraine Krieg – Medien-Guru: Gibt keine «Russophobie» in der Schweiz

Russlands Botschaft in Bern wirft der Schweizer Medienlandschaft im Ukraine-Krieg Russophobie vor. Ein Medienwissenschaftler schätzt ein, ob das zutrifft.

Ukraine Krieg
Menschen demonstrieren in Genf gegen den Ukraine-Krieg. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die russische Botschaft in Bern wirft der Schweiz Russophobie vor.
  • Dies zeige die aus ihrer Sicht falsche Berichterstattung über den Tag des Sieges.
  • Ein renommierter Schweizer Medienwissenschaftler widerspricht diesen Vorwürfen.

Vor einer Woche feierte Russland zum 77. Mal den Tag des Sieges über Nazi-Deutschland. In Moskau gab es deswegen eine grosse Militärparade. Zudem hielt Wladimir Putin eine Rede, die voller irrer Behauptungen war.

Der russischen Botschaft in der Schweiz passte die Schweizer Berichterstattung dazu überhaupt nicht. Den «lokalen ‹Journalisten›» wirft sie im Ukraine-Krieg vor, Russophobie auszuüben.

Russland Botschaft
Sergei Garmonin, der russische Botschafter für die Schweiz, wehrt sich gegen Vorwürfe der Anwohner im Diplomatenviertel in Bern. - Botschaft der russischen Föderation

Die «Kämpfer gegen den Neonazismus» – die Russen – hiessen in der Schweiz «Faschisten». Gleichzeitig seien die «Kämpfer mit Hakenkreuzen und Runen» die «Helden des ukrainischen Widerstands». Damit wiederholt die Botschaft die Behauptungen, Russland befreie die Ukraine von einem Nazi-Regime.

«Würde das nicht mit einer Russophobie gleichsetzen»

Trifft der Russophobie-Vorwurf wirklich auf die Schweiz zu? Nau.ch hat beim renommierten Medienwissenschaftler Guido Keel nachgefragt. Er leitet das Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM in Winterthur, dazu den Forschungsbereich Media Literacy.

Der Schweiz-Kritik des Russen-Botschafters widerspricht er – Keel glaubt nicht, dass von Russophobie die Rede sein kann. Aber: «Mir sind im Alltag auch schon unangemessene Pauschalisierungen gegen Russinnen und Russen begegnet. Mich stört, dass zum Beispiel russische Athleten oder Kulturschaffende sozusagen in Sippenhaft genommen werden.»

Guido Keel
Prof. Dr. Guido Keel von der ZHAW Angewandte Linguistik. - zhaw.ch

In den Medien irritiere ihn zudem gelegentlich, mit welcher Begeisterung man Angriffe auf russische Soldaten feiere. Ohne in Betracht zu ziehen, dass auch dabei Menschen auf grausame Weise verletzt werden oder ums Leben kommen. Auch höre man wenig zur Frage, inwiefern die ukrainische Regierung schlecht ausgebildete und ausgerüstete Menschen in den sicheren Tod schicke. «Mit einer Russophobie würde ich das aber nicht gleichsetzen.»

Verurteilung von Russlands Handlungen im Ukraine-Krieg «selbstverständlich»

Es sei selbstverständlich, dass westliche und Schweizer Medien die Handlungen Russlands im Ukraine-Krieg verurteilen und die Ukraine als Opfer sehen. «Aber es wird meines Erachtens gleichzeitig ausgiebig thematisiert, welche Schuld die Ukraine oder der Westen an dieser Tragödie trägt.»

Laut Keel finde man auf sozialen Medien sicher auch russophobische Diskurse. «Diese werden meines Erachtens erst dann relevant, wenn sie über die Grenzen der jeweiligen Community hinaus Aufmerksamkeit erhalten.»

Zur Berichterstattung der Schweizer Medien über den Ukraine-Krieg sagt er: «Ich kann die Berichterstattung nur aus der Sicht des aufmerksamen Mediennutzers beurteilen, ich habe keine wissenschaftlich erhobenen Daten dazu. Aus dieser Sicht würde ich aber sagen: Die Schweizer Medien sind sehr bemüht, ein möglichst angemessenes Bild der Ereignisse in der Ukraine und in Russland zu zeichnen.»

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