Unia will soziale Zusammenarbeit mit der EU als «Plan B»
Nach dem Scheitern des Rahmenabkommens mit der EU verlangt die Unia, dass die Schweiz die Grundsätze der «Europäischen Säule sozialer Rechte» übernimmt.
Nach dem Scheitern des Rahmenabkommens mit der EU verlangt die Gewerkschaft Unia, dass in vier Bereichen «ein starkes Zeichen der Zusammenarbeit» an die EU gesendet wird. Die Schweiz soll etwa die Grundsätze der «Europäischen Säule sozialer Rechte» übernehmen.
Zudem soll die Schweiz die Aufenthaltssicherheit und die sozialen Rechte von EU-Bürgerinnen und -Bürgern stärken - namentlich im Fall von Arbeitslosigkeit. So würden Kernelemente der Unionsbürgerrichtlinie umgesetzt. Diese war einer der Knackpunkte, die zum Abbruch der Verhandlungen mit der über das Rahmenabkommen führten.
Die Schweiz müsse zudem von sich aus einen «grossen Schritt» auf die EU zugehen und eine enge Absprache der Steuerstandards sowie eine Mindestbesteuerung der Unternehmen anstreben. Schliesslich soll die Schweiz die praktische Zusammenarbeit vertiefen mit einer Assoziation mit der Europäischen Arbeitsagentur und mit «grosszügigen Beiträgen» im Rahmen des Kohäsionsfonds und der Bildungszusammenarbeit.
Die Resolution «Die Schweiz muss zu einem sozialen Europa beitragen» verabschiedeten die 350 Delegierten am Samstag an ihrem dezentral durchgeführten Kongress. Nach dem «doppelten Angriff auf die flankierenden Massnahmen zum Schutz der Löhne» durch die SVP-Kündigungsinitiative und das gescheiterte Rahmenabkommen, sei ein Paradigmenwechsel nötig und möglich, schreibt die Gewerkschaft.
Rentenalter der Frauen soll nicht erhöht werden
Die Delegierten sprachen sich an ihrer Versammlung zudem klar gegen eine Erhöhung des Frauen-AHV-Rentenalters aus. Die Gewerkschaft bezeichnete die «Sparvorlage» als einen Skandal, weil Frauen bereits heute etwa einen Drittel weniger Rente erhielten als Männer. Sie befänden sich im Alter oft in einer prekären Situation. Es brauche daher nicht eine Erhöhung des Rentenalters, sondern eine Erhöhung der AHV-Renten für sie.
Die Delegierten verabschiedeten zudem eine weitere Resolution, welche die Verbesserung der Aufenthaltssicherheit von Migrantinnen und Migranten fordert. Das Recht auf staatliche Unterstützung in Notlagen dürfe nicht mit Sanktionen in der Ausländergesetzgebung ausgehebelt werden.
Bundespräsident Guy Parmelin richtete ein Grusswort an die Delegierten. Dabei hat er gemäss Mitteilung «anerkannt», dass Menschen mit einem niedrigen Einkommen am stärksten unter den Folgen der Pandemie leiden. Es sei daher umso wichtiger gewesen, die Fördermassnahmen den Betroffenen rasch zukommen zu lassen.
Die Gewerkschaft Unia hat zudem eine neue Geschäftsleitung zusammengesetzt. Sie besteht erstmals aus mehr Frauen (4) als Männern (3). Bruna Campanello (neue Leiterin Sektor Gewerbe) und Yves Defferrard (neuer Leiter Sektor Industrie) wurden neu gewählt. Vania Alleva wurde als Präsidentin bestätigt. Als wichtigste Ziele für die nächsten Jahre sieht sie gemäss Mitteilung die Stärkung der sozialen Sicherheit, «würdige Löhne» und geregelte Arbeitsbedingungen.
Bereits am Freitagabend beschlossen die Delegierten, dass die Gewerkschaft siebzehn Jahre nach der Gründung reformiert werden soll. Die Reform soll die Unia auf die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte vorbereiten. Es sollen mehr Beteiligungsmöglichkeiten und schlankere Strukturen mit klareren Kompetenzen geschaffen werden.