Universität Luzern ruft in Vorlesung Sponsoren aus – Kritik
«Diese Vorlesung wird gesponsert von ...» Einen solchen Hinweis gibt es an der Universität Luzern, um Transparenz zu schaffen. Das sorgt auch für Kritik.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer mehr Lehrstühle an Schweizer Unis werden durch Private finanziert.
- Diese Abhängigkeit wird kritisiert – auch wenn die Unis ihre Unabhängigkeit betonen.
- An der Universität Luzern macht man auf das Sponsoring sogar im Unterricht aufmerksam.
- Doch dieser Hinweis ist nicht unumstritten.
Immer mehr Lehrstühle an Schweizer Universitäten werden von Firmen mitfinanziert. Laut einer aktuellen Auswertung sind inzwischen 162 Lehrstühle schweizweit gesponsert. Das sind 13 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren.
Zu den Geldgebern gehören etwa die Credit Suisse, Pharmasuisse, Nestlé, die Mobiliar oder auch der Zigaretten-Riese Phillip-Morris.
Diese Finanzierung sorgt immer wieder für Kritik. So kritisiert der Basler Philosophie-Professor Andreas Brenner eine «Abhängigkeit». Die Hochschulen ihrerseits beteuern, dass die Firmen und Stiftungen keinen Einfluss nehmen. Zudem werden die Grossspenden in der Regel ausgewiesen.
Einen Schritt weiter geht die Universität Luzern. Im Unterricht gibts dort sogar Sponsoring-Hinweise, wie man sie vor Sport-Sendungen im TV kennt!
Nau.ch weiss: In der Vorlesung «Versicherungsökonomie» hiess es zu Beginn des Semesters im Jahr 2021: «Diese Vorlesung wird mit Mitteln der CSS-Versicherung, der Concordia-Versicherung und der Suva gesponsert.»
Versicherungen finanzieren Vorlesung zu Versicherungsökonomie mit
Der Hinweis ist nach wie vor von Bedeutung. Im kommenden Herbstsemester wird die Vorlesung nämlich erneut angeboten. Während die Zahlungen der Suva inzwischen ausgelaufen sind, laufen die Sponsorings der beiden Versicherungen weiterhin.
Die CSS-Versicherung stellt für die Titularprofessur für Versicherungsökonomie insgesamt 250'000 Franken für den Zeitraum 2018 bis 2026 zur Verfügung. Bei der Concordia-Versicherung sind es im Zeitraum von 2017 bis 2026 70'000 Franken.
Die Concordia-Versicherung sagt zu Nau.ch, dass man damit den «Lehrauftrag von zwei Unterrichtsstunden pro Semester im Bereich der Versicherungsökonomie» unterstütze.
Den Transparenzhinweis an der Universität Luzern begrüsse man. Die Versicherung betont: «Auf den Inhalt der Lehre kann und möchte die Concordia-Versicherungen AG ausdrücklich keinerlei Einfluss nehmen.»
Ähnlich klingt es bei der CSS-Versicherung. «Wir sind der Meinung, dass der Transparenzhinweis in der geschilderten Form sinnvoll ist.» Als Sponsor greife man jedoch nicht in die Lehrinhalte ein. Heisst: Auch nicht bei der Entscheidung, ob und in welcher Form ein solcher Hinweis angebracht wird.
Transparenz-Hinweis bei Universität Luzern freiwillig
Die Universität Luzern erklärt gegenüber Nau.ch: «Es gibt keine Vorgaben bezüglich des Ausweises von Donationen für einzelne Lehrveranstaltungen. Solche Nennungen erfolgen auf eigene Initiative der Dozierenden.»
In der Regel ist der Zweck dieser Donationen zwar breit gefasst und begrenzt sich nicht auf einzelne Lehrveranstaltungen. Aber: «Selbstredend werden über eine Stiftungsprofessur auch die von dieser Professur angebotenen Lehrveranstaltungen finanziert.»
Andere Schweizer Unis sehen von solchen Hinweisen ab. Sie verweisen darauf, dass in der Regel keine Lehrveranstaltungen direkt finanziert werden, sondern lediglich die Lehrstühle an sich. Wer diesen besitzt und welche Veranstaltungen dabei angeboten werden, darauf hätten die Sponsoren keinen Einfluss.
Unzulässige Werbung im Unterricht?
Und an einer Transparenz-Machung innerhalb der Vorlesung – wie an der Universität Luzern – gibt es sogar Kritik.
Die Universität Bern verweist gegenüber Nau.ch darauf, dass die Kommunikation über das Engagement von beiden Seiten transparent, aber neutral erfolgen muss.
«Ein Transparenzhinweis in einer Vorlesung könnte als unzulässige Werbung gelten. Die Transparenz wird mit Medienmitteilung, Webseiten und Auflistung vollumfänglich gewährleistet.»
Die Universität Basel teilt mit: «Hinweise wären dann notwendig, wenn in irgendeiner Weise während der Vorlesung Werbung für das finanzierende Unternehmen stattfinden würde. Über die die Studierenden vorab informiert beziehungsweise davor geschützt werden müssten.»
Von den insgesamt 18 Stiftungsprofessuren sind lediglich zwei erkennbar von Firmen finanziert. Bei diesen wird bereits im Namen darauf hingewiesen. So gibt es den «Roche-Professor für Infektionsimmunologie» und die «Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG-Professur für Distributed Ledger Technology/Fintech».
Eine dritte Professur wird vom Unternehmen CSL Vifor Schweiz finanziert. Dies wird aber nicht explizit im Namen der Professur erwähnt.
Professuren, die von Stiftungen oder Privatpersonen finanziert werden, werden teilweise auch nach diesen benannt.
«Transparenz-Hinweis ändert nichts an Abhängigkeit»
Der Basler Philosophie-Professor Andreas Brenner, ein Kritiker der Firmen-Finanzierung an Schweizer Unis, sieht hierin eine Gefahr.
Er sagt zu Nau.ch: «Transparenzhinweise sind zwar wichtig, obwohl sie zugleich eine Scheintransparenz signalisieren können. Denn der Transparenzhinweis macht nicht die möglicherweise bestehenden internen Abhängigkeiten und Einflussnahmen transparent.»