Zigarette droht bei Teenagern wieder «cool» zu werden
Ob Zigarette oder E-Zigi: Viele Teenies und junge Erwachsene rauchen. Die Lungenliga ist alarmiert – herkömmliche Zigis drohen, an Beliebtheit zu gewinnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf Tiktok und Co. wird Rauchen als cool und romantisch dargestellt.
- Tatsächlich befürchten Experten, dass der Zigaretten-Konsum zunehmen könnte.
- Allerdings eher wegen E-Zigaretten als «Einstiegsdroge».
Retro-Musik, Schwarzweiss-Bilder, Popstar Lana del Rey und Schauspielerin Jenna Ortega beim Rauchen. Dazu die Hashtags #cool #aesthetic und #style.
Oder coole junge Typen, die sich beim Käfelen und Qualmen im Café zeigen. Dazu gibts stimmige Musik und Gipfeli. So wird die Zigarette auf der bei Teenies beliebten Plattform Tiktok dargestellt.
Auch Netflix stand in der Vergangenheit schon für Tabakprodukteplatzierungen in Serien in der Kritik – trotz Tabakwerbeverbot in der Schweiz.
Die Bilder machen Eindruck. Eine britische Studie zeigte kürzlich: Kinder und Jugendliche, die täglich mindestens eine Stunde auf Plattformen wie Instagram und Tiktok verbringen, rauchen eher.
Bernerin (17): «Kollegen rauchen fast alle»
Die herkömmliche Zigarette freut sich in Schweizer Teenie-Gruppen an grosser Beliebtheit. «Meine Kollegen rauchen fast alle», sagt Felizitas Gerber* (17) aus Bern zu Nau.ch.
«Das ist halt so die linke Berner Bubble. Da gehört das dazu.» Auch sie selbst gönne sich manchmal eine Zigarette im Ausgang. «Die meisten drehen sie selbst.»
Täglich raucht dagegen Viola Hausener* (17), ebenfalls aus dem Kanton Bern. «Ich hab mit 13 damit angefangen. Einfach, weil es cool ist und ich es lustig finde, in Raucher-Ecken zu chillen.»
Von Tiktok, Lana del Rey und Netflix als Gründe wollen die beiden Teenies aber nichts wissen. «Es geht viel mehr um das Umfeld. Wenn deine Kollegen rauchen, dann willst du auch», sagt Gerber.
E-Zigis als Einstiegsdroge
Trotzdem: Da schrillen bei Claudia Künzli von der Lungenliga die Alarmglocken. Sie verweist auf eine internationale Studie. Sie zeigt, dass der Konsum von herkömmlichen Zigis bei 13- bis 15-Jährigen konstant hoch ist.
Und er könnte noch steigen. Denn: «Gleichzeitig hat der Konsum von E-Zigaretten stark zugenommen», erklärt sie. «Das gibt uns Anlass zur Sorge. So ist zu befürchten, dass Jugendliche mit E-Zigaretten in den Nikotinkonsum einsteigen und später auf den Konsum herkömmlicher Tabakkonsum umsteigen.»
Für junge Menschen besonders gefährlich – denn: «Lunge und Gehirn befinden sich noch in der Entwicklung», warnt Künzli.
Und die Schweizer Raucherquote? Die ist zwar insgesamt rückläufig. «Aber bei den 15- bis 19-Jährigen liegt sie immer noch bei 21,1 Prozent. Bei den 20- bis 24-Jährigen sogar bei 29,7 Prozent!»
Also über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt von 23,9 Prozent.
Zigarette wird mit «Coolness verbunden»
Kurz: In der Schweiz rauchen junge Erwachsene noch immer überdurchschnittlich oft. Und warum Junge mit dem Rauchen beginnen, hat viele mögliche Gründe. Tiktok ist einer davon.
Doch Künzli hebt vor allem andere Faktoren hervor: «Wenn beispielsweise die Eltern rauchen, ist das Risiko, dass die Kinder später rauchen, sechsmal höher.» Bei Teenies in der Lehre ist die Quote zudem höher als bei Gymelern.
«Oft spielt der Gruppendruck beim Einstieg ins Rauchen eine grosse Rolle. Bei Befragungen meinen Jugendliche oft, dass die Mehrheit der Gleichaltrigen rauchen.» Sie würden dann auch damit beginnen, weil sie dazugehören wollen.
«Wenn wir ihnen sagen, dass ihr Eindruck sie täuscht, sind sie oft überrascht. Zudem wird Rauchen immer noch mit Freiheit und Coolness verbunden», sagt Künzli.
Hinzu komme, dass E-Zigaretten und Vapes oft als harmlose Lifestyleprodukte dargestellt würden. «Dies ist aber keineswegs so, denn die Nikotinmengen, die Jugendliche beim Vapen zu sich nehmen, sind enorm hoch.»
Übrigens: Ab dem 1. Oktober ist ein neues Gesetz in Kraft getreten. Seither gilt in der ganzen Schweiz ein Verkaufsverbot für Unter18-Jährige sowohl für die E-Zigarette als auch die herkömmliche Zigarette. Vorher wurde das je nach Kanton unterschiedlich gehandhabt – in Schwyz zum Beispiel gab es gar keine Regeln.
*Name von der Redaktion geändert