Umgeht Netflix das Tabakwerbeverbot in der Schweiz?
Seit 1964 gilt in der Schweiz ein absolutes Tabakwerbeverbot in Filmen und Serien. Laut Suchtexperten scheint Netflix dieses Verbot zu umgehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Netflix umgeht laut Experten das Tabakwerbeverbot in der Schweiz.
- Der grösste Streamingdienst der Welt schweigt zu den Vorwürfen.
1964 beschliesst der Bundesrat für die Schweiz ein Werbeverbot für Tabakprodukte in Radio und Fernsehen. Nun umgehen Tabakkonzerne und Netflix, der grösste Streaming-Anbieter der Welt, eben dieses. Zumindest, wenn es nach der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz geht.
Geschäftsleiter Luciano Ruggia wittert nämlich verstecktes Sponsoring: «Zwar können wir es nicht beweisen, doch deutet vieles darauf hin.»
Zigarettenkonsum werde in Netflix-Produktionen hervorgehoben, etwa mit Nahaufnahmen, aber auch durch Sexualisierung der Bilder. Zum Beispiel, indem eine attraktive Frau genüsslich eine Zigarette raucht.
Auch spiele die situative Darstellung eine Rolle. So in epischen Momenten, oder als Reaktion eines Charakters auf einen stressigen Moment. Ruggia meint: «Das Coole und die Sexyness stehen bei der Darstellung von Zigaretten im Mittelpunkt.»
Als aktuelle Beispiele nennt der Experte die Netflix-Publikumslieblinge «Stranger Things», «The Crown» und «The Queen's Gambit». «In letzterer wird Beth Harmon von ihrer Adoptivmutter gebeten, zum Laden zu laufen, um drei Packungen Chesterfields zu holen.» Hier käme also Chesterfield als Sponsor in Frage.
Eine besonders grosse Tragweite habe das Tabak-Sponsoring im Falle der Formel-1-Netflix-Doku «Drive to Survive».
Ruggia verweist auf einen Artikel der «Truth Initiative»: «Wer auch nur eine Minute der vierten Staffel schaut, wird vermutlich auf Werbung mit Tabak-Bezug stossen», schreibt das Medium.
Netflix schweigt zu Vorwürfen
Die Vorwürfe: Zwischen 1997 und 2019 hätten Tabakkonzerne nämlich Millionen von Franken an Ferrari und McLaren fliessen lassen.
Ruggia erklärt: «Grundsätzlich gibt es mehrere Varianten, wie Tabakkonzerne Produkt-Platzierungen in Serie und Film erwirken können.» So könnten diese die Produktionen einerseits direkt finanzieren. «Diese Finanzierungen sind aber weder transparent noch öffentlich.»
Andererseits setzten die Beteiligten oft auf ein indirektes Sponsoring. «Dies lässt sich leider genauso wenig eindeutig beweisen, wie ein etwaiger direkter Geldfluss an den Streamingdienst.»
Auf Anfrage von Nau.ch bestreitet Netflix, dass Sponsoring durch Tabak-Firmen stattfinde.