Zürcher Tram-Pilot überfährt Betrunkenen – und merkt nichts
Die VBZ verzeichneten im letzten Jahr sechs tödliche Unfälle. In einem Fall wurde ein Betrunkener 230 Meter unter einem Tram mitgeschleift.

Das Wichtigste in Kürze
- Die VBZ verzeichnen 622 Unfälle mit Körperverletzung und sechs mit Todesfolge.
- Meist waren Unachtsamkeit oder Pech verantwortlich.
- In einem Fall wurde ein Betrunkener überfahren, der Tram-Pilot merkte nichts.
Insgesamt 622 Unfälle mit Körperverletzung verzeichneten die VBZ im letzten Jahr, wie sie in ihrer Schadensstatistik mitteilen. Rund 300-mal verletzen sich Passagiere bei Stopp- oder Ruckunfällen, 168 Unfälle gab es beim Ein- und Aussteigen. Hinzu kommen 64 Unfälle mit Fussgängern.
Im letzten Jahr gab es zudem sechs tödliche Unfälle – ein leichter Anstieg. In allen Fällen waren Trams beteiligt.
Ein besonders tragischer Unfall ereignete sich im März 2024 beim Zürcher Central: Ein betrunkener Mann torkelte an der Haltestelle herum. Er kletterte über die Kupplung zwischen zwei Wagen, als sich das Tram der Linie 7 in Bewegung setzte. Der Tram-Chauffeur fuhr los und bemerkte nicht, dass er den Mann mitschleifte.
Wie der «Tagesanzeiger» aus der Einstellungsverfügung berichtet, wurde der Fahrer von der Leitstelle gefragt, ob er eine Kollision hatte. Seine Antwort war, er wisse von nichts, und er fuhr weiter Richtung Hauptbahnhof.
Eine Passantin klopfte dann aber gegen die Scheibe. «Vehement» gab sie ihm zu verstehen, dass er anhalten solle. Per Funk teilte der Pilot mit, er steige aus.
Die Passantin berichtet von einem Fuss, den sie unter dem Tram verschwinden gesehen habe. Der Chauffeur schaute sich sein Gefährt an und fand ein Hosenbein und eine Socke. Rund 230 Meter weit schleifte er den Betrunkenen unter seinem Tram mit, dieser verstarb.
Die Staatsanwaltschaft eröffnete in der Folge ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung, stellte es aber wieder ein. Denn der Trampilot hätte den Unfall auch mit einem Blick in den Rückspiegel nicht verhindern können. Das Tram hat nur auf der rechten Seite einen Spiegel, der Mann überquerte die Kupplung aber von links.
Dass der Fahrer den Unfall nicht bemerkte, sei nachvollziehbar. Eine Kollision mit einem Menschen sei wegen der Masse des Trams nicht zu hören oder zu spüren.
VBZ planen Vortritts-Kampagne
Die anderen tödlichen Unfälle wurden meist von den Verunfallten selbst verursacht, teils durch Unachtsamkeit, oder auch einfach nur aus Pech: So stolperte eine Passantin und fiel zwischen Tram und Perronkante hinunter auf das Gleis, während das Tram losfuhr.
Die VBZ reagieren nun. Sie planen eine neue Präventionskampagne, in der auf das Vortrittsrecht des Trams hingewiesen wird. Dies sagte ein Sprecher dem «Regionaljournal Zürich-Schaffhausen» von SRF1.
Insgesamt zeigt die Statistik für 2024 nur einen moderaten Anstieg der Schadensereignisse. Die Zahl der Unfälle mit Körperverletzungen ist im Vergleich zu 2023 sogar um 53 auf 622 gesunken.