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Zwangsausschaffung: Mami muss Kind mit Handschellen stillen – Kritik

Matthias Neuhaus
Matthias Neuhaus

Aarau,

Bei Zwangsausschaffungen werden Eltern teilweise vor den Augen ihrer Kinder gefesselt. Die Anti-Folter-Kommission kritisiert die Praxis der Vollzugsbehörden.

gefängnis
Ein Mann ist in Handschellen gefesselt. (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • Beim Vollzug einer Wegweisung muss eine Mutter ihr Kind in Handschellen stillen.
  • Die Anti-Folter-Kommission kritisiert die Praxis bei Zwangsausschaffungen.
  • Bund und Kanton rechtfertigen sich – und verweisen auf das Gesetz.

Wenn Asylsuchende abgewiesen werden und sich weigern, freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren, kommt es in der Schweiz zu Zwangsausschaffungen.

In einigen Fällen erleben Betroffene beim Vollzug der Wegweisung unverhältnismässigen Zwang von Beamten. Das hält die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) in ihrem jüngsten Bericht fest, wie die «Aargauer Zeitung» schreibt.

«Erniedrigend und unmenschlich»

Die NKVF schildert ein konkretes Beispiel: Für eine Rückführung einer fünfköpfigen Familie aus einem Durchgangszentrum waren 23 Einsatzkräfte in Zivil beteiligt. Der Vater wurde wegen körperlichem Widerstand vollgefesselt. Wenig später wurden auch der Mutter die Hände mit Handschellen auf den Rücken gebunden.

Auf der Fahrt zum Flughafen bat die Mutter, ihr die Handschellen abzunehmen, um sich um die Kinder zu kümmern. Ihr Anliegen blieb jedoch ungehört. Sogar beim Stillen im Auto musste sie die Handschellen tragen. Erst fürs Wickeln wurden sie ihr abgenommen.

Die NKVF sieht das Vorgehen der Vollzugsbehörden in diesem Fall kritisch. Schwangere und stillende Frauen seien besonders verletzlich. Die Anwendung von Zwangsmassnahmen erachtet die Kommission als «erniedrigend und unmenschlich».

Insgesamt wurden von der NKVF im Jahr 2023 49 Zwangsausschaffungen per Flugzeug beobachtet. Der oben geschilderte Sachverhalt war nicht der einzige Vorfall, der von der Kommission im Bericht kritisch erwähnt wird.

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Das Miterleben von Zwangsmassnahmen gegenüber den Eltern könne für die Kinder traumatisch sein. «Die NKVF empfiehlt den Vollzugsbehörden mit Nachdruck von solchen Fesselungen in Anwesenheit von Kindern abzusehen», heisst es.

Grundsätzlich seien sich die Polizeikorps der Problematik beim Vollzug von Rückführungen von Familien bewusst. Sie würden sich sichtlich um das Wohlergehen von Kindern bemühen.

Und dennoch hält die Kommission fest, dass die Gefahr besteht, dass Kindesinteressen vernachlässigt beziehungsweise vergessen gehen.

Bund und Kanton rechtfertigen sich

Der Fachausschuss Rückkehr und Wegweisungsvollzug nimmt in einem Communiqué Stellung zum Bericht der NKVF. Man nehme mit Genugtuung zur Kenntnis, dass den Vollzugsbeamten grundsätzlich professionelles Verhalten attestiert wird, heisst es.

Gegen die Kritik wehrt man sich. Zahlreiche Empfehlungen würden sich auf Vorgehensweisen beziehen, die von Gesetzes wegen ausdrücklich vorgesehen sind.

Ausserdem wolle man daran erinnern, dass eine Rückführung mit Sonderflug die letzte Möglichkeit darstelle, einen rechtskräftigen Wegweisungsentscheid durchzusetzen. «Zuvor hatten die ausreisepflichtigen Personen grundsätzlich die Gelegenheit, freiwillig und – wo gesetzlich möglich – mit Rückkehrhilfe auszureisen.»

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