Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht ging heute vor 75 Jahren der Zweite Weltkrieg in Europa zu Ende. Doch welche Rolle spielte im Krieg die Schweiz?
Zweiter Weltkrieg Schweiz
Jüdische Flüchtlinge auf der Durchreise im Hauptbahnhof Zürich am 11. Oktober 1942. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 8. Mai 1945 war nach knapp sechs Jahren der Krieg in Europa zu Ende.
  • Die Schweizer Neutralitätspolitik erfuhr während des Krieges einige Abstriche.
  • Dazu gehörte etwa die Abweisung jüdischer Flüchtlinge.
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Nach knapp sechs Jahren endete am heutigen Tag vor 75 Jahren der Krieg in Europa. Am 8. Mai 1945 unterzeichnete der Generalfeldmarschall Keitel die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

Der 75. Jahrestag der deutschen Kapitulation bietet auch die Gelegenheit, auf die Rolle der Schweiz während des Krieges zurückzuschauen. Obwohl unser Staat nicht ins Kriegsgeschehen involviert wurde, spielte er doch in einigen Aspekten eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Schweiz versuchte zwar Neutralitätspolitik zu betreiben, doch das gelang ihr nur mit einigen Abstrichen.

Der Kauf von Raubgold

So verstiess die Schweiz zum Beispiel im Wirtschaftsverkehr mehrfach gegen die Ausnahmeregeln des Haager Neutralitätsrechts. Dazu gehörte unter anderem der Export von Kriegsmaterial aus bundeseigenen Produktionsstätten. Zwischen 1940 und 1944 gingen 84 Prozent der Schweizer Waffen- und Munitionsexporte an die Achsenstaaten. Diese waren für die deutsche Kriegswirtschaft zwar nicht kriegsentscheidend, aber wichtig.

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Munitionsherstellung in der Eidgenössischen Konstruktionswerkstätte Thun, Schweiz, aufgenommen im Kriegsjahr 1941. Ein Arbeiter füllt Patronenhülsen um. - Keystone

Zudem gewährte die Schweiz dem Dritten Reich Devisen für den Kauf von Währungsgold der deutschen Reichsbank. Dabei handelte es sich um konfisziertes Raubgold aus besiegten Ländern oder um Gold von Holocaust-Opfern. Die Schweizer Nationalbank zahlte 1212 Millionen Franken, die Schweizer Grossbanken 267 Millionen Franken dafür. Hinzu kam auch noch der Kauf von geraubten Wertschriften im Wert von mindestens 11 Millionen Franken.

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Der US-amerikanische Offizier Lt. Gustave Holstein betrachtet im Juli 1945 in New York Münzen, Schmuck und andere Wertgegenstände, die die Deutsche Reichsbank nach der Kapitulation an die Amerikaner ausgehändigt hat. Im Vordergrund ist eine Schachtel randvoll mit Perlen unterschiedlicher Grösse zu sehen. - Keystone

Spätestens seit einem im August 1942 erschienenen Artikel der «NZZ» war bekannt, woher das Gold stammte. Dennoch wurde bis April 1945 weiterhin Gold von der deutschen Reichsbank angekauft. Hinzu kamen noch weitere Verstösse gegen die Neutralität. Etwa die ungenügende Kontrolle des Transitverkehrs zwischen Deutschland und Italien über die Gotthard- und die Lötschberg-Simplon-Linie.

Antisemitische Flüchtlingspolitik

Eine unrühmliche Rolle nahm die Schweiz zudem mit ihrer Flüchtlingspolitik ein. Sie betrieb von 1938 an in ihrer offiziellen Haltung gegenüber jüdischen Flüchtlingen eine antisemitische Politik: Sie stimmte bei Verhandlungen mit Deutschland der besonderen Kennzeichnung der Pässe deutscher Juden mit einem Judenstempel zu.

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Deutscher Pass mit einem Judenstempel (undatiertes Archivbild). - Keystone

Ab 1942 verweigerte der Bundesrat zudem jüdischen Flüchtlingen Asyl. Bundesrat Eduard von Steiger rechtfertigte diese Massnahme, indem er die Schweiz mit einem bereits stark besetzten Rettungsboot verglich. Die Abweisung an der Grenze bedeutete für viele jüdische Flüchtlinge den Tod. Nach Schätzungen der Bergier-Kommission sollen rund 20'000 Juden abgewiesen worden sein.

Fluchthelfer

Juden wurden erst ab Juli 1944 von der Schweiz als politische Flüchtlinge anerkannt. Während des Zweiten Weltkrieges fanden etwas mehr als 21'000 Juden in der Schweiz Zuflucht. Wenn die Juden dazugerechnet werden, die sich vor 1939 als Emigranten in der Schweiz aufhielten, waren es etwa 28'000. Rund 300'000 Menschen sollen zumindest vorübergehend in der Schweiz Zuflucht gefunden haben.

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Carl Lutz, der frühere Schweizer Vize-Konsul in Budapest, Ungarn, sitzt am 27. März 1965 an seinem Schreibtisch in Bern. - Keystone

Einzelne Personen wirkten dieser antisemitischen Flüchtlingspolitik jedoch entgegen. So etwa Paul Grüninger, der als Polizeikommandant des Kanton St. Gallen hunderte jüdische und andere Flüchtlinge vor nationalsozialistischer Verfolgung rettete, indem er sie im Rheintal einreisen liess. Oder Carl Lutz, der als Schweizer Vize-Konsul in Budapest über 60'000 illegale Papiere ausstellte: Damit ermöglichte er ihnen die Ausreise nach Palästina.

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