Das lange Sterben der SVP

Reda El Arbi
Reda El Arbi

Zürich,

Nicht die Linken machen die SVP kaputt - das schafft die Führungsriege ganz ohne Hilfe.

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Köppel als Quereinsteiger in die Parteispitze. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Nau.ch-Gast-Kolumnist Reda el Arbi erklärt die linksgrünversiffte Welt.
  • Reda el Arbi erlangte als Blogger beim «Tagesanzeiger» Bekanntheit.
  • Bis 2011 war er Chefredaktor des Satiremagazins «Hauptstadt».
  • Er lebt mit Frau und Hund in Stein am Rhein SH.

Ich mach mir Sorgen um die SVP. Der aktuelle Tanz um die Chefposition nach Albert Rösti - die keiner wirklich übernehmen will - ist nur das letzte Zeichen einer langsamen Zersetzung der Partei. Als Linker müsste ich eigentlich froh sein darüber. Aber das bin ich nicht.

Ich bin zuerst Demokrat und dann erst links. Und ich bin überzeugt, dass die Bauern und die KMUs mit der SVP eine starke Vertretung im Land brauchen. Alles andere wäre undemokratisch.

Aber ist die SVP in ihrer heutigen Form noch die starke Bauern- und KMU-Partei, die von der Basis in den Gemeinden und Kantonen gebraucht wird? Eine Führungsriege aus Milliardären, Bankern, Quereinsteigern und Karrieristen scheint diktatorisch über die Anliegen der hart arbeitenden Basis hinwegzutrampeln.

Das stärkste Zeichen dafür sah man nach den Wahlen im letzten Jahr. Nach der Wahlschlappe kam nicht etwa Dank für die harte Arbeit in den Kantonalsektionen, die noch grössere Wahlverluste verhindert hat, es kam ein Zämeschiss, eine Schuldzuweisung. Die «faulen Sektionen» seien der Grund für die Misere.

In Zürich wurde der Parteipräsident Konrad Langhart von der nationalen Führung politisch regelrecht an die Wand gestellt. Als Ersatz wurde temporär ein williger Briefträger zwischen Herrliberg und Zürich einberufen, der inzwischen durch einen sehr jungen Befehlsempfänger ersetzt wurde. Auch hier: Niemand sonst wollte den Job. Koni Langhart hat inzwischen die Partei verlassen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Der ehemalige Parteipräsi ist aus der Partei ausgetreten.

Aber es sind nicht nur die internen, antidemokratischen Vorgänge, unter denen die Parteibasis leidet. Es sind auch die wirren politischen Botschaften, die die nationale Führung und die extremsten Exponenten kolportieren.

Dass Figuren wie der Hetzer Glarner oder der Wirrkopf Claudio Schmid eine so mächtige Stimme bekommen, und damit alle SVPler dem Verdacht von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aussetzen, ist vielen anständigen SVPlern inzwischen ein Dorn im Auge. Wenn es rechts der SVP nichts mehr geben soll, heisst das, dass all die bösartigen Spinner plötzlich mit den Ton angeben, das Bild der Partei nach aussen bestimmen und so dem bürgerlichen Kern der Partei schaden.

Mit solchen Freunden brauchts keine Feinde. Schmid auf Twitter.
Mit solchen Freunden brauchts keine Feinde. Schmid auf Twitter. - Twitter

Aber auch Quereinsteiger und Polit-Sonnyboy Roger Köppel, der (anstatt seine Aufgabe im Parlament zu erfüllen) erst nachhaltig den Klimawandel leugnet, und erst später wenigstens zugibt, dass es diesen gibt, aber die Menschen nichts damit zu tun hätten, steht für die Bauern, die jeden Tag die Auswirkungen des Klimawandels auf ihrem eigenen Land sehen, quer in der Gegend. Er lässt SVPler als wissenschaftsfeindliche Verschwörungstheoretiker dastehen.

Dann kamen natürlich noch die Wurmplakate. Für die SVPler in den Gemeinden wird die Zusammenarbeit mit anderen Parteien eher schwierig, wenn die Führung die Kollegen als Ungeziefer darstellt.

Hat viele SVPler selbst angeekelt: Das Wurmplakat
Hat viele SVPler selbst angeekelt: Das Wurmplakat - SVP

Die Führung schadet der Basis, und bei den dadurch entstandenen Verlusten soll diese auch noch die Schuld tragen. Die lautesten, schrägsten und bösartigsten AkteurInnen werden gefördert, das anständige Parteimitglied, das sich über Jahre eingesetzt und hochgearbeitet hat, wird geblockt und fallengelassen.

Und jetzt, seit Wochen, das Trauerspiel um einen neuen Präsidenten. Niemand will das Amt. Und der einzige, der es wirklich machen könnte und dabei seine eigene Persönlichkeit nicht an der Garderobe abgeben müsste, wär Alfred Heer. Ich schätze Alfred Heer als selbstdenkenden, geradlinigen und bodenständigen Politiker, auch wenn ich seine politischen Positionen nicht teile. Aber er ist ein bürgerlicher Politiker, kein rechter Hetzer oder ein narzisstischer Verschwörungsspinner. Nur, die Parteileitung will sicher keinen Freigeist wie Heer, eher einen willigen Befehlsempfänger.

Ich hoffe nur, die SVP-Basis übernimmt wieder das Zepter in der Partei, und lässt die Führung nicht alles kaputtmachen.

Sollen die alten Herren in Herrliberg doch von glorreichen Schlachten im letzten Jahrhundert träumen. Die Schweiz braucht eine SVP, die gemeinsam mit den anderen die Zukunft gestaltet, nicht eine, die sich immer weiter von allen entfernt, und sich nur noch als Hetzer oder Opfer versteht.

Reda El Arbi
Gastautor bei Nau.ch: Reda El Arbi. - Nau.ch

Zum Autor: Reda el Arbi ist 50-jährig, kommt aus Zürich und zog vor einigen Jahren nach Stein am Rhein. Grosse Bekanntheit erlangte er mit seinem Zürcher «Stadtblog» für den «Tagesanzeiger». El Arbi schreibt unverblümt, hat zu allem eine Meinung und polarisiert auch gern. Er ist verheiratet und lebt mit Frau und Hund in Stein am Rhein SH.


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