Donald Trump: Das bringt seine Anhänger auf die Palme!
«Es ist noch nicht so lange her, dass eine Frau ihren Ehemann um Erlaubnis fragen musste, wenn sie arbeiten wollte», schreibt Kolumnistin Verena Brunschweiger.
Das Wichtigste in Kürze
- Die deutsche Autorin Verena Brunschweiger schreibt auf Nau.ch Kolumnen.
- Diesmal schreibt Brunschweiger darüber, was Trump-Anhänger auf die Palme bringt.
«Das Private ist politisch» ist ein Slogan, der an Aktualität nicht nur nichts eingebüsst, sondern sogar gewonnen hat.
Wenig verwunderlich, wenn man sich an seine Herkunft aus der güldenen Zeit der Frauenbewegung in den 1970ern erinnert, deren genuin feministische Forderungen zeitlose Gültigkeit haben.
Gleiche Arbeit, gleicher Lohn?
Dass eine Frau ihren Ehemann um Erlaubnis fragen musste, wenn sie arbeiten wollte, ist noch gar nicht so lange her. Dass gleiche Arbeit gleichen Lohn bedeutet, steht in etlichen Branchen immer noch aus.
Auch in den 1970ern wurde diskutiert, ob man nicht dem Patriarchat den grösstmöglichen Gefallen tut, wenn man ein Kind bekommt.
Feministische Autorinnen wie Simone de Beauvoir oder Shulamith Firestone waren sich einig, dass dem zweifellos so ist. 2025 ist es leider so, dass Pionierinnen wie diese beiden mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Schliesslich haben sie keinen TikTok-Account – und das Lesen anspruchsvoller Sachbücher ist einfach hoffnungslos überholt.
Ist es in Ordnung, noch Kinder zu haben?
Auch im Philosophie-Unterricht haben viele offenbar nicht aufgepasst. Sonst würden sie das Grundprinzip des Utilitarismus kennen: Man fragt, was der grösstmöglichen Menge an Leuten am nützlichsten ist.
Diese Herangehensweise erfreut sich in der anglo-amerikanischen Welt viel grösserer Beliebtheit als bei uns. So wundert es niemanden, dass dort eine Politikerin DIE Frage des Jahrhunderts stellte: «Ist es in Ordnung, immer noch Kinder zu haben?», fragte Alexandra Ocasio-Cortez schon 2019 als junge Kongressabgeordnete in den USA.
In Deutschland Quittung erhalten
Matthew Taylor klassifizierte das im englischen «Guardian» am als «profound moral question for us all», also als «wichtige moralische Frage für uns alle».
Eine Einschätzung, die im deutschsprachigen Raum niemals gekommen wäre. Als ich im selben Jahr diese Frage stellte, brach ein Sturm der Entrüstung los.
Als Deutsche wäre Ocasio-Cortez nie wieder gewählt worden. Wohingegen sie in ihrer Heimat an der amerikanischen Ostküste immer beliebter wird.
Hass in Energie umwandeln
Natürlich gab und gibt es auch dort nicht wenige Trump-Anhänger, die gerade eine Frau für solch eine Aussage steinigen wollen.
Aber als Frau mit Mut und intaktem moralischem Kompass lässt man sich von ein paar Frauenhassern natürlich nicht aufhalten. Sondern man wandelt deren Hass in Energie um, die einen motiviert, erst recht weiterzumachen. Denn: offenbar hat man ja einen Nerv getroffen!
Angesichts dieser Sachlage ist es schon beschämend, wenn deutschsprachige Journalisten dann Artikel schreiben, in denen sie eiskalt ausschliesslich auf ihre eigenen Befindlichkeiten eingehen. Ob es für sie selbst gerade passt, Eltern zu werden oder nicht.
Weder die Auswirkungen auf andere Leute, die bereits existieren, sind da relevant, noch spielt der Zustand der Welt eine Rolle in den Überlegungen potenzieller Eltern.
Was sind das für Menschen?
Und man fragt sich natürlich dann schon, was für Menschen das sind, denen es schlichtweg völlig egal ist, dass jeder neue Ressourcenverbraucher im Globalen Norden die Lage der Leute in Afrika, Asien und Lateinamerika massiv verschlimmert. Denn sie müssen den Klimawandel in erster Linie ausbaden.
Auch ganze Tierarten sterben aus. Klar ist auch, dass der neue Mensch mit hoher Lebenserwartung hundertprozentig Kämpfe um Wasser und Nahrung erleben wird. Und noch mehr Kriege und Krisen.
Wird mein Kind ein Held? Kaum
Da muss man den Kopf schon ganz tief in den Sand stecken und beide Augen fest zukneifen. Aber wahrscheinlich sitzen sie einer der zahlreichen Verblendungen auf, die sich bei Eltern hartnäckig halten: «Euer Kind könnte ein Heilmittel gegen Krebs erfinden!»
Tja, sorry, aber aktuellen Zahlen zufolge ist die Wahrscheinlichkeit, dass euer Kind der nächste Mörder oder Vergewaltiger wird, leider deutlich höher.
Es wäre also zumindest angebracht, sich mal über die ökologischen, politischen und philosophischen Konsequenzen, die die eigene Reproduktion auf andere Lebewesen hat, Gedanken zu machen.
Keine isolierten Einzelfälle
Selbstverständlich auch über die, welche einen selber ereilen können. Man denke an die 39-jährige Mutter in Bayern, die an Weihnachten ihre zwei Kinder ermordete.
Alle tun so, als wären die sich häufenden Gewalttaten isolierte Einzelfälle bedauernswerter Psychopathen, aber dem ist nicht so.
All diese Leute haben Eltern. Es ist an der Zeit, selbige auch mal wirklich für ihre Kinder haften zu lassen!
Zur Person: Dr. Verena E. Brunschweiger, Autorin, Aktivistin und Feministin, studierte Deutsch, Englisch und Philosophie/Ethik an der Universität Regensburg. 2019 schlug ihr Manifest «Kinderfrei statt kinderlos» ein und errang internationale Beachtung.