Wenn Kuhmilch plötzlich nicht mehr normal ist
Kuhmilch und Fleisch sind für die meisten normal. Doch was wir als normal empfinden, ist oft nur eine Frage der Gewohnheit – und die kann sich ändern.
![Vegan Milch Mirjam Walser](https://c.nau.ch/i/303elK/900/vegan-milch-mirjam-walser.jpg)
Das Wichtigste in Kürze
- Tierische Produkte zu essen, ist für die meisten Menschen normal.
- Was wir als normal empfinden, kann sich aber verändern.
- Auch den Konsum von Kuhmilch & Co. könnten wir bald nicht mehr als normal betrachten.
- Kolumnistin Mirjam Walser erklärt, warum das so ist.
Hast du auch mitgemacht? Im Januar die Kuhmilch gegen Hafermilch getauscht, dich durch Mandel-, Cashew- und undefinierbaren Käse gekämpft? In der Mensa tapfer die asiatische Gemüsepfanne gewählt, obwohl das Schnitzel dich so verlockend angelacht hat?
Dann bist nicht allein. Seit 2014 lockt die weltweite Kampagne «Veganuary» immer mehr Menschen in die vegane Welt. Auch in der Schweiz steigen jedes Jahr mehr auf den Zug auf.
Und jetzt? Januar fast rum, du zählst die Tage bis zum «normalen» Essen? Käsefondue steht schon auf der To-do-Liste, das Poulet-Curry vom Thailänder wartet.
Aber Moment mal – «normales» Essen? Nach ein paar Wochen vegan ist Hafermilch im Kaffee plötzlich kein Drama mehr, und Sojageschnetzeltes schmeckt eigentlich ziemlich gut. Und dass für dein Mittagessen ein Tier sterben musste? Klingt auf einmal ... na ja, komisch.
Was ist passiert?
Was ist schon normal?
Wir essen Fleisch, weil es sich normal, natürlich und notwendig anfühlt, so die US-Psychologin Melanie Joy. Wir machen es, weil wir es schon immer gemacht haben, und stellen unsere Ernährung deshalb nicht infrage.
![Burger vegan](https://c.nau.ch/i/0Z3Vkp/900/burger-vegan.jpg)
Doch was wir als normal oder natürlich empfinden, ändert sich ständig. Früher war es normal, dass Frauen in der Schweiz nicht wählen durften. Auch einst normal, natürlich und notwendig: Kinder mit einer ordentlichen Portion Strenge zu «erziehen», regelmässige Schläge inklusive. Heutzutage unvorstellbar!
Genauso können auch unsere Essgewohnheiten sich verändern. Vielleicht hast du das im Januar selbst gemerkt. Hafermilch im Kaffee? Anfangs seltsam. Parmesan aus Cashews?
Klingt doch irgendwie schräg.
![Cappuccino vegan](https://c.nau.ch/i/XkXaWx/900/cappuccino-vegan.jpg)
Aber nach ein paar Wochen ist alles ganz normal. Viele, die länger vegan leben, fragen sich irgendwann: Warum habe ich eigentlich jemals Tiere gegessen?
Der Gedanke, dass ein Tier für ein schnelles Mittagessen gezüchtet und geschlachtet wird, fühlt sich plötzlich alles andere als normal an.
Wenn Kuhmilch nicht mehr die Norm ist
Gesellschaftliche Veränderungen brauchen allerdings Zeit. Einen Monat vegan zu essen, ist da erst der Anfang.
Vielleicht ist es aber irgendwann normal, dass in Cafés Hafermilch Standard ist und Kuhmilch 50 Rappen extra kostet. Oder dass in der Mensa nur noch pflanzliche Menüs auf dem Tablett landen.
Und Fleisch gibt es dann vielleicht nur noch am Sonntag. Klingt absurd?
Frag mal deine Grossmutter. In ihrer Kindheit war das wahrscheinlich völlig normal – und an Proteinmangel leidet die rüstige 90-Jährige bis heute nicht.
Zur Person: Mirjam Walser (38) schreibt auf Nau.ch regelmässig zum Thema Veganismus und Tierrechte. Als Coach und Gründerin der Vegan Business School ist sie Expertin für veganes Unternehmertum und vegane Innovationen.