Alstom und Bombardier: In Frankreich entsteht ein neuer Zug-Gigant
Das Wichtigste in Kürze
- Alstom will für die Zugsparte von Bombardier bis 6,2 Milliarden Euro zahlen.
- Für Stadler Rail entsteht damit ein noch stärkerer Konkurrent.
Es ist ein Deal der Sonderklasse. TGV-Herstellerin Alstom will die Zugsparte von Bombardier schlucken. Bis 6,2 Milliarden Euro nimmt der französische Industriekonzern dafür in die Hand.
Bombardier Transportation, so der Name der Zug-Division, beschäftigt weltweit über 40'000 Angestellte. Rund 500 sind in der Schweiz tätig.
Den Deal müssen noch die Wettbewerbshüter in Brüssel noch durchwinken. Bereits am Dienstag sollen erste Gespräche stattfinden.
Die Zeichen stehen gut, glauben Analysten der UBS. Die Überlappungen zwischen Alstom und Bombardier seien weniger ausgeprägt als zwischen Alstom und Siemens. Eine Fusion zwischen dem französischen und deutschen Industriekonzern hatte Brüssel vor rund einem Jahr unterbunden.
Zugsparte von Bombardier für Alstom interessant
Auch wenn die Bombardier-Züge zuletzt in der Schweiz, aber auch im Ausland, für Negativ-Schlagzeilen sorgten: Die Zugsparte ist das Filetstück des Konzerns und für die Käuferin sehr interessant.
Winken die Wettbewerbshüter den Deal durch, entsteht die Zug-Gigant mit Weltformat. Die Kapazitäten des Konzerns würden sich durch die Fusion verdoppeln. Einzig der chinesische CRRC wäre noch grösser.
Dass Bombardier Transportation überhaupt zum Verkauf steht, ist dem Management zuzuschreiben. Für über sechs Milliarden Dollar hat die Aviatik-Division des Konzern das Passagierflugzeug C-Series entwickelt. Die Lancierung wurde mehrmals verschoben, der ganze Bombardier-Konzern geriet dadurch in wirtschaftliche Schieflage.
Das kanadische Unternehmen verkaufte das Flugzeug an Airbus, doch der Erlös war zu gering. Rund 9 Milliarden Schulden hat Bombardier heute, der Verkauf der Zugsparte dürfte zumindest einen Teil davon decken. Ob der Konzern so wieder auf die Füsse kommt, steht auf einem anderen Blatt.
Zug-Gigant gelähmt
Ungewiss ist auch, was ein neuer Zug-Gigant für den Schweizer Zugbauer Stadler Rail bedeuten würde. Hier gehen die Meinungen auseinander. Der «Tages-Anzeiger» schrieb heute, dass das Unternehmen von Patron Peter Spuhler von der Fusion profitieren dürfte.
Denn: Während des Fusion-Prozesses dürften der neu entstandene Zug-Konzern lange mit sich selbst beschäftigt sein. Das sei die Chance für Stadler, weitere Marktanteile zu gewinnen.
Anders sieht es die «Handelszeitung». Diese argumentiert, dass durch ein Zusammenschluss die Bahnbetreiber noch abhängiger von einzelnen Herstellern würden. So ein Duopol könne für Firmen zu einem Problem, was auch SBB oder SNCF wissen.
Damit stiegen die Chancen, dass der chinesische Marktführer in Europa richtig Fuss fassen könnte. Der Druck auf Stadler Rail würde somit zunehmen.
Das befürchten wohl auch die Aktionäre: Das Wertpapier des Ostschweizer Unternehmens schloss heute deutlich im Minus.