Arbeitsausfälle in der Schweiz auf Rekordhoch
In der Schweizer Wirtschaft haben die Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent zugenommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankung haben hierzulande ein Rekordhoch erreicht.
- Krankenkasse Swica als grösster Anbieter von Taggeldversicherungen bestätigt den Trend.
- Neurentner in der IV haben zugenommen, jeder zweite Fall ist dabei psychisch bedingt.
In der Schweizer Wirtschaft haben die Arbeitsausfälle wegen psychischer Erkrankungen ein Rekordhoch erreicht. Laut Fachleuten beträgt die Zunahme 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das sagte Andreas Heimer von der Firma PK Rück gegenüber der «NZZ am Sonntag».
Die Auswertung basiert auf Daten von rund 250'000 Angestellten aus 6000 Unternehmen. Heimer warnt vor einer neuen Welle von Rentnern in der Invalidenversicherung. Im Schnitt dauere die Absenz elf Monate – die erfassten Fälle seien gravierend.
Krankenkassen bemerken Trend
Die Krankenkasse Swica als grösster Anbieter von Taggeldversicherungen bestätigt den Trend. Demnach sind die Fallzahlen im Bereich psychiatrische Erkrankungen in diesem Jahr um 15 Prozent gestiegen.
Für Heimer ein Alarmsignal: Laut Studien führt jeder zweite Arbeitsausfall aus psychischen Gründen zur Kündigung. Die Unterstützung der Betroffenen, um dies zu unterbinden, sei oft ungenügend.
Neue Krankheitsbilder auf dem Vormarsch
Auch neue Krankheitsbilder seien indes auf dem Vormarsch, was beunruhige, so Heimer zur Zeitung. Dazu zählen posttraumatische Belastungsstörungen, Anpassungsstörungen, das Fatigue-Syndrom oder das Post-Covid-Syndrom.
Besonders gefährlich findet Heimer das Konfliktpotenzial der neuen Erkrankungen. Je unschärfer eine Diagnose, desto eher könne diese infrage gestellt werden. «Wer ein psychisches Leiden hat, empfindet die Krankschreibung zunächst als Erleichterung. Dass die Absenz am Arbeitsplatz aber häufig zu neuen Problemen führt, ist vielen zu wenig bewusst.»
Bereits im letzten Jahr nahm die Zahl der Neurentner in der IV um 16 Prozent zu. Jeder zweite Fall ist dabei psychisch bedingt. Bei Jungen beträgt dieser bereits 70 Prozent. Bei 18-24-Jährigen hat sich die Zahl der Neurentner mit einem psychischen Leiden in den letzten 25 Jahren vervierfacht.
Für die Fachleute keine einfache Angelegenheit, welche eine Ursache für das Problem suchen. «Wir sollten wegkommen von Schuldzuweisungen – egal, auf welche Seite», sagt Heimer. «Entscheidend ist für mich, dass es mit den heutigen Prozessen zu wenig gut gelingt, diese Menschen im Arbeitsleben zu halten.»