Argentinien: Wirtschaftsminister will gegen Inflation vorgehen
Das Wichtigste in Kürze
- In Argentinien sorgt die Inflation momentan auch für Probleme.
- Der neue Wirtschaftsminister Sergio Massa will nun dagegen vorgehen.
- Die Inflation ist in dem Land auf 71 Prozent gestiegen.
Argentiniens neuer Wirtschaftsminister hat ein klares Ziel. «Eines der zentralen Themen meiner Amtszeit wird der Kampf gegen die Inflation sein.» Das kündigte Sergio Massa kurz nach seiner Vereidigung an. Seine Vorgängerin hatte sich gerade mal einen knappen Monat in dem schwierigen Amt gehalten, Massa will nun das Ruder herumreissen.
«Wir müssen mit aller Entschlossenheit gegen die Inflation vorgehen, denn sie ist die grösste Fabrik für Armut in diesem Land. Wir in Argentinien leiden darunter und die Welt leidet darunter», machte Massa weiter klar.
Im südamerikanischen Land ist die Inflationsrate mittlerweile auf 71 Prozent gestiegen. Allein im Juli zogen die Preise um 7,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat an. Das teilte das Statistikamt (Indec) am Donnerstag mit.
Argentinien: Löhne und Preise soll eingefroren werden
Das ist fast so viel wie in Deutschland im ganzen Jahr. Präsident Alberto Fernández kündigte an, in Abstimmung mit Unternehmern und Gewerkschaften die Preise und Löhne für zwei Monate einzufrieren. So soll die rasante Geldentwertung zu gebremst werden.
«Wir unternehmen alle notwendigen Anstrengungen, um das Inflationsproblem zu lösen», sagte Präsident Fernández, wie die argentinische Nachrichtenagentur am Donnerstagabend berichtete. «Ich bin mir des Problems bewusst und werde jeden Tag darum kämpfen, einen Ausweg zu finden.» Die regierungskritische Zeitung «La Nación» sah das am Freitag anders: Die Regierung solle «eine Lösung vorschlagen und die besten Leute für die Leitung des Prozesses ernennen.»
Der Ukraine-Krieg, die Unterbrechung der Lieferketten und die hohen Staatsausgaben zur Überwindung der Corona-Krise befeuern in Argentinien die Inflation. Der grösste Teil des Problems ist aber hausgemacht: Um das Haushaltsdefizit zu finanzieren, druckt die Zentralbank ständig frisches Geld. Die Ausweitung der Geldmenge mindert den Wert des Peso.
Inflation ist in Argentinien nichts Neues
Während die kräftige Inflation für die Menschen in den meisten Länder etwas Neues ist, sind die Argentinier wahre Inflationsexperten. In den vergangenen 50 Jahren waren die Preise in dem Land nur selten stabil.
Ende der 1980er Jahre schnellte die Inflationsrate auf sagenhafte 3000 Prozent. Seit 2018 lag die jährliche Teuerungsrate immer über 30 Prozent. Analysten rechnen für Ende des Jahres mit einer Inflationsrate von rund 90 Prozent.
Um mit den steigenden Preisen mitzuhalten, werden in Argentinien alle sechs Monate die Löhne und Gehälter erhöht. Zuletzt war es um etwa 25 Prozent pro Semester. Oft bleiben die Lohnsteigerungen aber hinter der Inflation zurück, die Beschäftigten müssen Einbussen ihrer Kaufkraft hinnehmen. 37,3 Prozent der Bevölkerung in dem einst reichen Land gelten mittlerweile als arm.
Im Laufe der Zeit haben die Argentinier allerdings eine Reihe von Strategien entwickelt, um die Folgen der Inflation zumindest abzufedern: Schulden werden wegen des Wertverfalls des Peso mit der Zeit immer geringer. Deshalb strecken die Kunden die Bezahlung vieler Produkte über einen möglichst langen Zeitraum.
Gerade bei grösseren Anschaffungen werden oft Ratenzahlungen ohne Zinsen angeboten. Faktisch handelt es sich um einen Preisnachlass. Aber selbst beim Einkauf von Lebensmitteln fragen die Kassierer stets, ob man die Zahlung auf mehrere Raten verteilen möchte.